Polizei lթƒԹԳst Massenprotest in Baku auf

Es war die erste genehmigteթ‚Թ Demonstration seit mehr als zehn Jahren: Gut zwei Monate vor dem Eurovision Song Contest haben in Aserbaidschans Hauptstadt Baku tausend Menschen fթƒԹԶr Menschenrechte, mehr Demokratie und die Freilassung politischer Gefangenen demonstriert. Dann kam die Polizei.

Hamburg – Der Eurovision Song Contest (ESC) ist eigentlich eine reine Unterhaltungsshow. Doch je nթƒԹ)her das Finale, das in Aserbaidschan stattfindet, rթƒԹԶckt, desto mehr gerթƒԹ)t die Veranstaltung zum Politikum. Das Land erhofft sich schon jetzt internationale Aufmerksamkeit, um auf seine Situation aufmerksam zu machen. So versammelten sich am Samstag etwa tausend Menschen, die meisten von ihnen Jugendliche, auf einem Parkplatz unweit des Stadtzentrums von Baku, der Hauptstadt des Landes. In SprechchթƒԹԳren skandierten sie: “Freiheit, Freiheit!” Immer wieder: “Freiheit! Freiheit!”

 

թ‚Թ 

Es ist die erste grթƒԹԳթƒժԴere Kundgebung seit թƒԹԶber einem Jahrzehnt. In der jթƒԹԶngeren Vergangenheit hթƒԹ)tten die staatlichen BehթƒԹԳrden solche Versammlungen stets verboten, erklթƒԹ)rt ein beobachtender EU-Diplomat. Die jetzige Demonstration hatte das Komitee zum Schutz von Jugendrechten beantragt, das von Oppositionsparteien und rund einem Dutzend Jugendorganisationen unterstթƒԹԶtzt wird.

 

Auf vielen Plakaten steht: “Eurovision ohne politische Gefangene.” Am 26. Mai soll in Baku das Finale des Eurovision Song Contest թƒԹԶber die BթƒԹԶhne gehen. Dadurch steht die Kaukasusrepublik plթƒԹԳtzlich im Fokus internationalen Interesses und muss deutliche Kritik von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch hinnehmen.

Doch es gibt Anzeichen dafթƒԹԶr, dass die FթƒԹԶhrung um PrթƒԹ)sident Ilham Alijew die im Dezember 2011 versprochenen Reformen zum Schutz von Menschenrechten und Grundfreiheiten ernst meint. Erst in der vergangenen Woche hatte Alijew mit Ruslan Baschirli und Elnur Israfilow zwei mutmaթƒժԴliche “politische Gefangene” begnadigt und aus der Haft entlassen. Auch die Erlaubnis fթƒԹԶr die Kundgebung in Baku dթƒԹԶrfte mit dem PrթƒԹ)sidenten abgestimmt worden sein, sind sich Beobachter sicher.

Mindestens 13 Menschen sitzen in Haft wegen Protesten gegen den Staat

Immerhin heiթƒժԴt es selbst im LթƒԹ)nderreport des deutschen AuթƒժԴenministeriums recht undiplomatisch: “Insbesondere die starken EinschrթƒԹ)nkungen von Medien- und Versammlungsfreiheit in Aserbaidschan beeintrթƒԹ)chtigen die demokratische Chancengleichheit.”

An diesem kթƒԹԶhlen MթƒԹ)rznachmittag geht zunթƒԹ)chst alles friedlich vonstatten. Schutz der Menschenrechte, mehr Demokratie und Freilassung der politischen Gefangenen fordert Hauptredner Natig Jafarli, der die “Republikanische Alternative” vertritt. Mindestens 13 Inhaftierte soll es im Land immer noch geben, die nach gewaltfreien Protestaktionen gegen den PrթƒԹ)sidenten und Staatsapparat im GefթƒԹ)ngnis verschwunden sind.

42 Prozent der gut neun Millionen Aseris sind laut offizieller Statistik jթƒԹԶnger als 24 Jahre. Die am Samstag zusammen gekommene Auswahl hat mehrheitlich noch nie eine solche Demonstration hautnah erlebt. “Ich riskiere nichts, weil ich noch nicht studiere und auch noch nicht arbeite”, sagt eine 18-JթƒԹ)hrige. Aber auch einige թƒԹ)ltere BթƒԹԶrger stehen in der Menge.

Die Polizei hթƒԹ)lt sich am Rande des GelթƒԹ)ndes zurթƒԹԶck und macht von dort Videoaufnahmen. In einer Resolution sprechen sich die Organisatoren unter Applaus fթƒԹԶr bessere BildungsmթƒԹԳglichkeiten, Rede- und Pressefreiheit sowie KorruptionsbekթƒԹ)mpfung aus.

Nach knapp einer Stunde soll eine Band namens “Bulistan” die Kundgebung abschlieթƒժԴen. Die Gitarren sind gerade eingestթƒԹԳpselt, SթƒԹ)nger Jamal Ali beginnt zu rappen. Auf einmal wird es unruhig im Publikum, offenbar hat Ali mit dem Mittelfinger und obszթƒԹԳnen Worten provoziert.

Die Polizei stթƒԹԶrmt die BթƒԹԶhne, schiebt Fotografen und Demonstranten zur Seite. Ali wird abgefթƒԹԶhrt, die Versammlung aufgelթƒԹԳst. Damit dթƒԹԶrfte zunթƒԹ)chst offen bleiben, ob weitere vor dem ESC geplante Kundgebungen offiziell in Baku stattfinden kթƒԹԳnnen.

Tod eines Grenzsoldaten lթƒԹԳste Debatte aus

Die Austragung des ESC in Baku ist heftig umstritten: Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Reporter ohne Grenzen hatten Aserbaidschan wiederholt kritisiert. Sie hatten Menschenrechtsverletzungen und EinschrթƒԹ)nkungen der Presse- und Meinungsfreiheit durch die autoritթƒԹ)re aserbaidschanische FթƒԹԶhrung angeprangert.

Zuletzt hatte der Tod eines Grenzsoldaten, der von einem aserbaidschanischen ScharfschթƒԹԶtzen getթƒԹԳtet worden sein soll, fթƒԹԶr eine politische Debatte rund um den ESC gesorgt: Die Kaukasusrepublik Armeniensagte ihre Teilnahme am Wettbewerb im verfeindeten Nachbarland ab. Das Staatsfernsehen werde keine Teilnehmer zum ESC im Mai entsenden, teilte der Rundfunk in der Hauptstadt Eriwan mit.

 

Als BegrթƒԹԶndung fթƒԹԶr den Boykott nannte das Staatsfernsehen in einem Statement թƒՉ€žuթƒժԴerungen des aserbaidschanischen PrթƒԹ)sidenten, wonach dieser Armenier in aller Welt als Hauptfeinde Aserbaidschans bezeichnet habe – obwohl die dortigen BehթƒԹԳrden versprochen hթƒԹ)tten, die Sicherheit aller TeilnehmerlթƒԹ)nder zu garantieren.

FթƒԹԶr Deutschland geht der 21-jթƒԹ)hrige Roman Lob ins Rennen beim ESC. Er wurde per Zuschauervoting in der Show “Unser Star fթƒԹԶr Baku” ermittelt. In anderen LթƒԹ)ndern lief die Kandidatenwahl weniger glatt: In WeiթƒժԴrussland fթƒԹԶhrte nach Meinung der Experten-Jury eigentlich die Rockband Litesound, nach einer SMS-Abstimmung der Fernsehzuschauer lag allerdings plթƒԹԳtzlich die staatstreue SթƒԹ)ngerin Aljona Lanskaja in FթƒԹԶhrung. Nach Protesten in weiթƒժԴrussischen Internetforen schaltete sich sogar Staatschef Alexander Lukaschenko ein und sprach von einer unglթƒԹԶcklichen “Pattsituation” – nun soll doch Litesound zum ESC fahren.

jjc/dapd

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*