Die Lobbypolitik der Aliyew-Regierung und die Linkspartei

TOROS SARIAN

թ§Չ‚-ժԷSchande ist ein revolutionթƒԹ)res Empfindenթ§Չ‚-ժ“ (Karl Marx)

Im Vorfeld des in Baku ausgetragenen թ§Չ‚-ժԷEurovision Song Contestթ§Չ‚-ժ“ richtete sich das Interesse der Medien auf die VerhթƒԹ)ltnisse in der Republik Aserbaidschan, einem Land, թƒԹԶber das wenig bekannt war. Die Berichte von Menschenrechtsorganisationen թƒԹԶber die dort herrschenden undemokratischen VerhթƒԹ)ltnisse, die UnterdrթƒԹԶckung von Oppositionellen und die EinschrթƒԹ)nkung der Pressefreiheit fanden nie besondere Beachtung. Die Regierung des aserbaidschanischen PrթƒԹ)sidenten Ilham Aliyew will sich als sթƒԹ)kularer, moderner, westlich orientierter Staat prթƒԹ)sentieren. In den vergangen Jahren hat sie viel Geld fթƒԹԶr LobbyaktivitթƒԹ)ten und Imagekampagnen ausgegeben. Nicht ohne Erfolg: Die Regierung in Baku hat in Deutschland inzwischen Freunde in unterschiedlichen politischen Lagern.

թ‚Թ թ‚Թ 

Aserbaidschan: Ein Besitztum der Aliyews?

 

Aserbaidschan ist einer der postsowjetischen Staaten, die թƒԹԶber թƒՉ€“l- und GasvorrթƒԹ)te verfթƒԹԶgen. So wie in Russland, Kasachstan oder Turkmenistan bilden die Einnahmen daraus die materielle Grundlage der neuen Elite. Die politische Macht befindet sich oft in den HթƒԹ)nden derselben Personen, die bereits in der Sowjetzeit eine FթƒԹԶhrungsposition in der KP hatten.

Haydar Aliyew, der Vater des heutigen PrթƒԹ)sidenten Ilham Aliyew, gehթƒԹԳrte vor dem Zerfall der Sowjetunion der FթƒԹԶhrung der KPdSU an. Sein Aufstieg begann 1944 beim KGB in der Sowjetrepublik Aserbaidschan. 1964 wurde er stellvertretender Chef des KGB. Drei Jahre spթƒԹ)ter թƒԹԶbernahm er schlieթƒժԴlich die Leitung des KGB Sowjetaserbaidschans. AnschlieթƒժԴend wurde er zum 1. SekretթƒԹ)r der dortigen KP ernannt. Eine wichtige BefթƒԹԳrderung, die er Breschnew verdankte. Haydar Aliyews Aufstieg im Partei- und Staatsapparat erreichte seinen HթƒԹԳhepunkt, als er Mitglied des PolitbթƒԹԶros der KPdSU und stellvertretender Vorsitzender des Ministerrats der Sowjetunion wurde. Mit der Perestroika begann seine Entmachtung. Ihm wurde vorgeworfen, in Sowjetaserbaidschan ein System von Korruption und Vetternwirtschaft errichtet zu haben. Er musste 1987 von seinen Posten im Ministerrat und im PolitbթƒԹԶro zurթƒԹԶcktreten.

Aliyews Ende schien damit besiegelt, aber mit dem Zerfall der Sowjetunion թƒԹ)nderte sich die Lage. Im SթƒԹԶdkaukasus eskalierte die Lage um das Autonome Gebiet Berg-Karabach, dessen թƒԹԶberwiegend armenische BevթƒԹԳlkerung sein Selbstbestimmungsrecht einforderte. Der aserbaidschanischen Regierung gelang es nicht, den Widerstand in Berg-Karabach niederzuschlagen. WթƒԹ)hrend die ganze Aufmerksamkeit auf den dortigen Konflikt gerichtet war, bereitete Aliyew unbemerkt seine RթƒԹԶckkehr an die Macht in Baku vor.

թ‚Թ Aus der Sowjetrepublik war im Oktober 1991 die Republik Aserbaidschan hervorgegangen. Aliyew hatte unter den ehemaligen Mitarbeitern des KGB und FunktionթƒԹ)ren der KP ihm treu ergebe Gefolgsleute. WթƒԹ)hrend der Konflikt um Berg-Karabach seinen HթƒԹԳhepunkt erreichte, wurde Aliyew 1993 mit 98% der Stimmen zum PrթƒԹ)sidenten Aserbaidschans gewթƒԹ)hlt. Er konnte die Niederlage im Krieg gegen Berg-Karabach auch nicht abwenden und musste im Mai 1994 einem Waffenstillstandsabkommen zustimmen. Aliyew konnte sich trotzdem weiter an der Macht halten und wurde 1998 wiedergewթƒԹ)hlt. Als er im Dezember 2003 in einer Klinik in Cleveland in den USA starb, stand sein Nachfolger bereits fest: sein Sohn Ilham.

Die von der OSZE als թ§Չ‚-ժԷnicht frei und unfairթ§Չ‚-ժ“ bewertete PrթƒԹ)sidentschaftswahl im Oktober 2003 gewann der 41-jթƒԹ)hrige Ilahm Aliyew. Auch die Folgewahl entschied er fթƒԹԶr sich. Laut Verfassung war eine dritte Wahl aber nicht mehr mթƒԹԳglich. Parlament und Verfassungsgericht ebneten ihm den Weg fթƒԹԶr die Fortsetzung seiner Herrschaft, indem sie im Dezember 2008 mit einer VerfassungsթƒԹ)nderung die Begrenzung auf zwei aufeinander folgende Amtsperioden aufhoben. Um sich noch zusթƒԹ)tzliche Legitimation zu verschaffen, lieթƒժԴ er von seiner Regierungspartei թ§Չ‚-ժԷNeues Aserbaidschanթ§Չ‚-ժ“ ein թ§Չ‚-ժԷReferendumթ§Չ‚-ժ“ durchfթƒԹԶhren, mit der թ§Չ‚-Չ€œ wie erwartet թ§Չ‚-Չ€œ die VerfassungsթƒԹ)nderungen bestթƒԹ)tigt wurden. Somit steht einer erneuten Wahl Aliyews eigentlich nichts mehr im Wege.

թ‚Թ Eine Besonderheit des MachgefթƒԹԶges in Aserbaidschan ist die Rolle der PrթƒԹ)sidentengattin Mehriban, die von einem tթƒԹԶrkischen Wirtschaftsmagazin zur թ§Չ‚-ժԷBest First Ladyթ§Չ‚-ժ“ gewթƒԹ)hlt wurde. Sie leitet die Haydar-Aliyew-Stiftung, ist թ§Չ‚-ժԷGoodwill Botschafterinթ§Չ‚-ժ“ der Unesco, Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees Aserbaidschans und Parlamentsabgeordnete der Regierungspartei թ§Չ‚-ժԷNeues Aserbaidschanթ§Չ‚-ժ“. Frankreich verlieh ihr den Offiziersrang der Ehrenlegion und die Unesco die Mozart-Goldmedaille. Ihr wurde auch die Leitung des Organisationskomitees fթƒԹԶr die Austragung des ESC anvertraut. Ihre Verwandten bekamen Posten im Staatsapparat und in der Wirtschaft: Ihr Onkel Hafiz Paschajew ist seit 2006 stellvertretender AuթƒժԴenminister, ihr Vater Arif Paschajew leitet die Nationale Luftfahrtsakademie. Zum Wirtschaftsimperium der Paschajews gehթƒԹԳren die “Pasha Holding” mit Versicherungs-, Bau- und Reiseunternehmen sowie die “Pasha Bank”.[1] Beim Bau der թ§Չ‚-ժԷCrystal Hallթ§Չ‚-ժ“, wo die ESC ausgetragen wurde, verdienten die Aliyews krթƒԹ)ftig mit. Den Auftrag fթƒԹԶr den Bau erhielt die թ§Չ‚-ժԷAlpine Bau Deutschland AGթ§Չ‚-ժ“, ein bei MթƒԹԶnchen ansթƒԹ)ssiges Unternehmen.[2]

թ‚Թ In einem Land, das dank seiner թƒՉ€“l- und GasvorrթƒԹ)te einen rapiden Wirtschaftsboom erlebte, boten sich fթƒԹԶr die Oligarchen թ§Չ‚-Չ€œթ‚Թ  vor allem aber fթƒԹԶr die PrթƒԹ)sidentenfamilie թ§Չ‚-Չ€œթ‚Թ  MթƒԹԳglichkeiten der grenzenlosen Bereicherung. Der US-Botschafter in Baku berichtete nach Washington: թ§Չ‚-ժԷBeobachter in Baku notieren oft, das heutige Aserbaidschan werde in einer թƒԹ)hnlichen Weise beherrscht, wie Europa in Zeiten des Feudalismus im Mittelalterթ§Չ‚-ժ“.[3] In einem Bericht wurde PrթƒԹ)sident Ilham Aliyew mit Michael und Sonny Carlone aus dem Mafia-Film թ§Չ‚-ժԷDer Pateթ§Չ‚-ժ“ verglichen.

 

“Eine sehr professionelle Lobbypolitik”

թ‚Թ Die Aliyew-Regierung unterscheidet sich von denen in anderen autoritթƒԹ)ren, undemokratischen postsowjetischen Staaten vielleicht vor allem dadurch, dass sie viel Geld in LobbyaktivitթƒԹ)ten investiert. Einerseits geht es darum, die Sicht von թƒՉ€“ffentlichkeit und Politik zum Konflikt um Berg-Karabach in ihrem Sinne zu beeinflussen. Andererseits will sie sich gegenթƒԹԶber dem Westen als ein moderner, europթƒԹ)ischer, sթƒԹ)kularer Staat prթƒԹ)sentieren.

թ‚Թ Eine SchlթƒԹԶsselfigur in den LobbyaktivitթƒԹ)ten fթƒԹԶr die aserbaidschanische Regierung ist Hans-Erich Bilges, ein ehemals Mitglied der թ§Չ‚-ժԷBild” Chefredaktion, der die PR-Agentur թ§Չ‚-ժԷConsultum Communicationsթ§Չ‚-ժ“ leitet. Seine Aufgabe sieht Bilges darin, թ§Չ‚-ժԷbeim Transformationsprozess Aserbaidschans in Richtung Westen mitzuhelfenթ§Չ‚-ժ“. Ex-AuթƒժԴenminister Genscher ist Ehrenvorsitzender im Beirat der թ§Չ‚-ժԷConsultum Communicationsթ§Չ‚-ժ“, Ex-Wirtschaftminister Michael Glos ist Beiratsmitglied.[4]

թ‚Թ AnlթƒԹ)sslich des 20. Jahrestags der UnabhթƒԹ)ngigkeit Aserbaidschans fand im Oktober 2011 im Deutschen Historischen Museum in Berlin eine groթƒժԴe Feier statt. Unter den թƒԹԶber 700 GթƒԹ)sten waren auch Hans-Dietrich Genscher, Otto Schily, Michael Glos und die damalige First Lady Bettina Wulff. Der Tagesschau-Sprecher Jens Riwa moderierte die Veranstaltung und verkթƒԹԶndete, dass die Haydar-Aliyew-Stiftung 50.000 Euro fթƒԹԶr den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses gespendet habe.

թ‚Թ Aber offenbar agierten die im Dienste Bakus tթƒԹ)tigen PR-Experten in Deutschland auch etwas թƒԹԶbereifrig: Die pompթƒԹԳse Veranstaltung in Berlin weckte in deutschen Medien misstrauische Aufmerksamkeit. Selbst in den Springer-Medien, die sich sonst nicht durch kritische Berichterstattung թƒԹԶber autoritթƒԹ)re Regierungen hervortun, wurde darauf verwiesen, dass թ§Չ‚-ժԷAserbaidschan fթƒԹԶr Menschenrechtsverletzungen berթƒԹԶchtigtթ§Չ‚-ժ“ sei. Aber gerade diese Tatsache dթƒԹԶrfte eines der GrթƒԹԶnde sein, warum im Ausland solche teueren Feiern organisiert wurden. թ§Չ‚-ժԷEine sehr gezielte und sehr professionelle Lobbypolitikթ§Չ‚-ժ“ nannte Markus LթƒԹԳning, der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, die AktivitթƒԹ)ten der Aliyew-Regierung.[5] In der FDP, der oft vorgeworfen wird, sie sei eine Lobbyistenpartei, gab es EmpթƒԹԳrung: թ§Չ‚-ժԷEs grenzt an Dreistigkeit, wie Aserbaidschan hier agiert. Eine derartige Lobbyarbeit geht weit թƒԹԶber das Vertretbare hinaus”, befand die Bundestagsabgeordnete Marina Schuster.[6]

 

Linksabgeordneter fliegt im Business-Class zum feiern nach Baku

թ‚Թ Auf die Frage, ob er an der Feier im Deutschen Museum teilgenommen hթƒԹ)tte, antwortete Markus LթƒԹԳning, der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, “Ich wթƒԹ)re nicht hingegangen”. Sein Fraktionskollege Michael Glos nahm aber nicht nur an der Feier in Berlin teil: Im September 2011 flog er gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Karl-Georg Wellmann und dem Abgeordneten der Linkspartei, Stefan Liebich, in der komfortablen Business-Class nach Baku, um auch dort die UnabhթƒԹ)ngigkeit Aserbaidschans zu feiern. Der Flug, die Unterbringung in einem Luxus-Hotel und das Gala-Diner gingen auf Rechnung der aserbaidschanischen Regierung. FթƒԹԶr den Ex-Wirtschaftminister und seinen Fraktionskollegen Wellmann war die Einladung nach Baku vermutlich nichts AuթƒժԴergewթƒԹԳhnliches. Ein ganz neues Erlebnis war es vermutlich fթƒԹԶr Stefan Liebich, den 30-jթƒԹ)hrigen linken Bundestagsabgeordneten aus Wismar. Die Strategen der Lobbypolitik Aserbaidschans agieren sehr pragmatisch und frei von թ§Չ‚-ժԷideologischenթ§Չ‚-ժ“ Vorbehalten. Mit Glos und Liebich wurden Bundestagsabgeordnete aus zwei unterschiedlichen politischen Lagern zur UnabhթƒԹ)ngigkeitsfeier nach Baku geflogen. Es sollte sich schon sehr bald zeigen, dass Liebich die Erwartungen der Aliyew-Regierung erfթƒԹԶllte.

 

Nach der Feier ein Antrag

Die Feierlichkeiten in Baku թ§Չ‚-Չ€œ vielleicht auch die Rede des PrթƒԹ)sidenten թ§Չ‚-Չ€œ mթƒԹԶssen Stefan Liebich tief beeindruckt haben. Aber er hat seinen Genossinnen und Genossen in Berlin vermutlich nicht vom Luxus-Hotel und vom Gala-Diner mit PrթƒԹ)sident Ilham Aliyew berichtet. Im November 2011 brachte die Linksfraktion im Bundestag den Antrag թ§Չ‚-ժԷMenschenrechte und Demokratie in den Staaten des SթƒԹԶdkaukasus fթƒԹԳrdernթ§Չ‚-ժ“ ein. Darin wurden die Defizite im Bereich der Demokratie und Menschenrechte in den dortigen Staaten kritisiert. WթƒԹ)hrend aber in dem Antrag ausfթƒԹԶhrlich und anhand von zahlreichen konkreten Beispielen die Lage in Georgien und Armenien beschrieben wurde, ist der Teil թƒԹԶber die EinschrթƒԹ)nkung der Menschenrechte in Aserbaidschan auffթƒԹ)llig knapp gehalten. Obwohl sechs Jahre vergingen, bis dort die BehթƒԹԳrden Anfang 2012 wieder eine Demonstrationen թ§Չ‚-Չ€œ zumindes am Stadtrand von Baku թ§Չ‚-Չ€œ erlaubten und obwohl bei der letzten Parlamentswahl kein oppositioneller Kandidat gewթƒԹ)hlt wurde, fiel der Linksfraktion zur Lage bei den bթƒԹԶrgerlichen und politischen Menschenrechten nicht viel ein: թ§Չ‚-ժԷDemonstrationen in der Innenstadt von Baku werden von den StadtbehթƒԹԳrden weiterhin nicht genehmigt. Die GrթƒԹԶndung oppositioneller und unabhթƒԹ)ngiger Medien ist deutlich eingeschrթƒԹ)nkt. Gegen einige regierungskritische Journalisten und Blogger wurden mehrjթƒԹ)hrige Haftstrafen verhթƒԹ)ngtթ§Չ‚-ժ“. Nicht die Menschenrechtsverletzungen, die EinschrթƒԹ)nkung der Pressefreiheit und die gewaltsame UnterdrթƒԹԶckung der Opposition, sondern die Korruption war nach Ansicht der Linksfraktion das թ§Չ‚-ժԷinnenpolitische Hauptproblem Aserbaidschans.թ§Չ‚-ժ“ AuffթƒԹ)llig ist, dass gleich nach diesen wenigen SթƒԹ)tzen mit milder Kritik gleich deutlicher Lob geթƒԹ)uթƒժԴert wird: թ§Չ‚-ժԷHervorzuheben sind demgegenթƒԹԶber die Freiheit der ReligionsausթƒԹԶbung sowie die hohe gesellschaftliche Toleranz gegenթƒԹԶber Minderheiten in dem mehrheitlich muslimisch geprթƒԹ)gten Land. Die GlaubensangehթƒԹԳrigen der drei monotheistischen Weltreligionen leben hier friedlich zusammen.թ§Չ‚-ժ“

Im Human Rights Watch Jahresbericht 2012 heiթƒժԴt es hingegen: թ§Չ‚-ժԷDie Regierung verschթƒԹ)rfte die EinschrթƒԹ)nkungen und Auflagen fթƒԹԶr Religionsgemeinschaften. Sie erhթƒԹԳhte die BuթƒժԴgelder fթƒԹԶr unerlaubte religiթƒԹԳse AktivitթƒԹ)ten drastisch und verpflichtete alle religiթƒԹԳsen Gruppen, Versammlungen im Voraus behթƒԹԳrdlich genehmigen zu lassen. Im Juni lթƒԹԳste die Polizei ein privates Treffen von 40 Zeugen-Jehovas-Mitgliedern in Ganja auf. Einige Teilnehmer wurden bis zu zehn Stunden lang festgehalten und befragt. Gegen drei von ihnen wurden BuթƒժԴgelder wegen VerstթƒԹԳթƒժԴen gegen die Bestimmungen fթƒԹԶr religiթƒԹԳse ZusammenkթƒԹԶnfte verhթƒԹ)ngt. Am selben Tag fթƒԹԶhrte die Polizei in der Baptistengemeinde von Sumgait eine Razzia durch und warnte ihren Vorsteher davor, Gottesdienste ohne staatliche Genehmigung abzuhalten. Die Zeugen-Jehovas-Gemeinde in Ganja hat seit Juni 2010 bereits zweimal erfolglos versucht, sich offiziell registrieren zu lassen. Im Dezember 2010 verbot die Regierung das Tragen von KopftթƒԹԶchern in Schulen und UniversitթƒԹ)ten. Daraufhin brachen Tausende Frauen und MթƒԹ)dchen ihre Ausbildung ab. Im Oktober verurteilte ein Gericht fթƒԹԶnf Personen wegen der Planung unangemeldeter Proteste und wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt bei einer Demonstration im Mai zu Freiheitsstrafen von bis zu zweieinhalb Jahren.թ§Չ‚-ժ“[7]

 

Sozialprogramme und Umverteilungspolitik: Aserbaidschan auf dem Weg zum Sozialismus?

թ‚Թ WթƒԹ)hrend die Linksabgeordneten im Gegensatz zu internationalen Menschenrechtsorganisationen an den ZustթƒԹ)nden in Aserbaidschan nur wenig zu kritisieren hatten, lobten sie ausfթƒԹԶhrlich die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Aliyew-Regierung. Mit թ§Չ‚-ժԷumfangreichen Sozialprogrammenթ§Չ‚-ժ“ und einer թ§Չ‚-ժԷstaatlichen Umverteilungspolitikթ§Չ‚-ժ“ habe sie den թ§Չ‚-ժԷSouverթƒԹ)nitթƒԹ)tsanspruch թƒԹԶber die wirtschaftliche Entwicklungթ§Չ‚-ժ“ des Landes verteidigen kթƒԹԳnnen. Bei dem vielen LobestթƒԹԳnen drթƒԹ)ngt sich der Verdacht auf, dass ein fթƒԹԶr Propagandafragen zustթƒԹ)ndiger Beamter im aserbaidschanischen AuթƒժԴenministeriums bei der Formulierung mancher Passagen des Antrags der Linksfraktion geholfen haben kթƒԹԳnnte: թ§Չ‚-ժԷAufgrund der hohen wirtschaftlichen Dynamik und staatlichen Umverteilungspolitik hat sich die positive Entwicklung bei den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechten beschleunigt. Mit den hohen Einnahmen aus dem ErdթƒԹԳl- und Erdgasexport, massiven թƒԹԳffentlichen Infrastrukturinvestitionen und dem staatlichen Programm zur Entwicklung der Regionen wurden bei einer Gesamtzahl von ca. 4,6 Millionen ErwerbsfթƒԹ)higen (die GesamtbevթƒԹԳlkerungszahl betrթƒԹ)gt ca. 9 Millionen) seit 2004 rund 900 000 neue VollzeitarbeitsplթƒԹ)tze geschaffen. Der Anteil der ArmutsbevթƒԹԳlkerung konnte seit 2001 von 49 Prozent auf 9 Prozent gesenkt werden.թ§Չ‚-ժ“

Ein ganz anderes Bild der sozialen und wirtschaftlichen Lage zeichnet Klaus-Helge Donath in der թ§Չ‚-ժԷtazթ§Չ‚-ժ“: թ§Չ‚-ժԷDer Lebensstandard der breiten Masse stieg kaum. Auch die Arbeitslosigkeit wurde nicht bekթƒԹ)mpft. Offiziell liegt sie bei 20 Prozent. TatsթƒԹ)chlich dթƒԹԶrfte sie weit hթƒԹԳher ausfallen, wenn auch jene Arbeitsemigranten mit einbezogen wթƒԹԶrden, die in Russland arbeiten. Aserbaidschan ist ein typischer Petro-Staat, dessen Elite aus Rentiers besteht, die alle թƒԹԶbrigen lukrativen Wirtschaftsbereiche unter sich aufteilt. Diese korrupte Elite ist weder an einer Diversifizierung der Wirtschaft interessiert, noch wird sie eine Demokratisierung des politischen Systems zulassen. Denn mit der Preisgabe der Macht wթƒԹԶrde sie auch den Zugriff auf den Energiesektor verlieren.թ§Չ‚-ժ“[8]

Dass nicht jedes Fraktionsmitglied sich die MթƒԹԶhe macht, die von Genossinnen und Genossen initiierten AntrթƒԹ)ge durchzulesen, ist verstթƒԹ)ndlich. Es wird darauf vertraut, dass die zustթƒԹ)ndigen թ§Չ‚-ժԷExpertenթ§Չ‚-ժ“ in der Fraktion sich mit dem Thema des Antrags befasst haben: Jan van Aken, Wolfgang Gehrke und Sevim Dagdelen, die wie Stefan Liebich dem AuswթƒԹ)rtigen Ausschuss angehթƒԹԳren, oder Katrin Werner und Annette Groth, im Ausschuss fթƒԹԶr Menschenrechte und humanitթƒԹ)re Hilfe. Sie hթƒԹ)tten sich anhand der Berichten von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International, Reporter ohne Grenzen[9] usw. informieren kթƒԹԳnnen, wie es mit den Menschenrechte in Aserbaidschan tatsթƒԹ)chlich aussieht: թ§Չ‚-ժԷDas Recht auf freie MeinungsթƒԹ)uթƒժԴerung wurde 2009 noch weiter eingeschrթƒԹ)nkt. Die Gesetze zum Verbot von Folter und anderen Misshandlungen und ihre Anwendung entsprachen nicht den internationalen Standards; so wurden z. B. FoltervorwթƒԹԶrfe nicht untersuchtթ§Չ‚-ժ“, heiթƒժԴt es in einem Bericht von Amnesty International.[10] Und Human Rights Watch kommt zu dem Ergebnis, dass die Menschenrechtslage in Aserbaidschan sich 2011 sogar verschlechtert habe: թ§Չ‚-ժԷDie Regierung schlug jegliche Art von Protest nieder und lieթƒժԴ Dutzende Jugendliche nach unfairen Gerichtsverfahren inhaftierenթ§Չ‚-ժ“.[11]

թ‚Թ In dem Bericht wurden auch die Folgen der im Antrag der Linksfraktion als թ§Չ‚-ժԷmassive թƒԹԳffentliche Infrastrukturinvestitionenթ§Չ‚-ժ“ gelobten MaթƒժԴnahmen beschrieben: թ§Չ‚-ժԷSeit 2009 hat die Stadtverwaltung von Baku im Rahmen der թ§Չ‚-ժԷStadtverschթƒԹԳnerungթ§Չ‚-ժ“ Hunderte Bewohner teilweise gewaltsam zur Aufgabe ihrer Wohnungen gezwungen und ihre HթƒԹ)user abreiթƒժԴen lassen. WohnungseigentթƒԹԶmer wurden hթƒԹ)ufig weit unter Marktwert entschթƒԹ)digt und verfթƒԹԶgten nur թƒԹԶber begrenzte MթƒԹԳglichkeiten, um sich auf dem Rechtsweg gegen die Bescheide zur Wehr zu setzen. Zwangsenteignungen wurden auch zur Schikanierung von Menschenrechtlern eingesetzt.թ§Չ‚-ժ“[12]

թ‚Թ Die “StadtverschթƒԹԳnerung” bot der Aliyew-Regierung einen Vorwand, um im Januar 2009 das politisch bedeutenste Denkmal der Stadt zu beseitigen: Das Denkmal fթƒԹԶr die 26 Kommissare. Im Sommer 1918 war in Baku eine kurzlebige Kommune errichtet worden. Nach dem Sturz der revolutionթƒԹ)ren Regierung unter der FթƒԹԶhrung des armenischen Kommunisten Stephan Schaumjan, wurden die 26 Kommissare hingerichtet. Mit der Beseitigung des Denkmals sollte die Erinnerung an die Armenier und Georgier, die in der Kommune von Baku eine herausragende Rolle gespielt hatten, ausgeslթƒԹԳscht werden.

 

 

Lobbystratege Hakki Keskin

թ‚Թ Die Linkspartei kritisiert immer lautstark die Doppelstandards und Heuchelei der anderen Parteien, wenn es um Menschenrechtsfragen geht. Warum aber betreibt sie SchթƒԹԳnfթƒԹ)rberei im Fall des autoritթƒԹ)ren Staates unter der Herrschaft Aliyews, den Nato und EU als einen թ§Չ‚-ժԷstrategischen Partnerթ§Չ‚-ժ“ betrachten? Um die Haltung der heutigen Linksfraktion zu verstehen, ist ein RթƒԹԶckblick auf das Jahr 2005 notwendig: Wenige Monate vor der Bundestagswahl 2005 verlieթƒժԴ Prof. Hakki Keskin, der in Hamburg lebende Vorsitzende der թ§Չ‚-ժԷTթƒԹԶrkischen Gemeinde Deutschlands e.V.թ§Չ‚-ժ“, nach թƒԹԶber 30 Jahren Parteimitgliedschaft die SPD. Dem Ex-BթƒԹԶrgerschaftsabgeordneten in Hamburg hatte Lothar Bisky, der damalige Vorsitzende der PDS/DieLinke, ein Abgeordnetenmandat im Bundestag in Aussicht gestellt.

Innerhalb der Partei gab es Bedenken gegen eine Nominierung Keskins, der als tթƒԹԶrkischer Nationalist und Leugner des VթƒԹԳlkermords an den Armeniern bekannt war. Mehr noch: Keskins politische AktivitթƒԹ)ten waren ab 1990 eng verknթƒԹԶpft mit der Lobbypolitik Ankaras. Das durch den MilitթƒԹ)rputsch vom 12. September 1980 beschթƒԹ)digte Image der TթƒԹԶrkei musste verbessert, die Anerkennung des VթƒԹԳlkermord an den Armeniern verhindert, die vթƒԹԳlkerrechtliche Anerkennung des besetzten Nordzypern durchgesetzt und Aserbaidschan im Kampf gegen die Armenier unterstթƒԹԶtzt werden. Kaum ein tթƒԹԶrkeistթƒԹ)mmiger Politiker in Deutschland war fթƒԹԶr diese Aufgaben geeigneter als der damalige SPD-Politiker und Hochschulprofessor Hakki Keskin.

Aber Bisky setzte sich թƒԹԶber alle Bedenken hinweg: Es ging darum, mթƒԹԳglichst viele թ§Չ‚-ժԷprominenteթ§Չ‚-ժ“ SPD Politiker in die PDS/DieLinke zu transferieren und die Stimmen tթƒԹԶrkeistթƒԹ)mmiger WթƒԹ)hler zu gewinnen. Als Bundestagsabgeordneter der Linksfraktion թƒԹԶbernahm Keskinթ‚Թ  թ§Չ‚-Չ€œ wie konnte es anders sein թ§Չ‚-Չ€œ die ZustթƒԹ)ndigkeit fթƒԹԶr den SթƒԹԶdkaukasus. Der “SթƒԹԶdkaukaus-Experte” der Linksfraktion թƒԹԶbernahm nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag einen Posten, fթƒԹԶr den er prթƒԹ)destiniert war: Er wurde Vorsitzender der թ§Չ‚-ժԷTթƒԹԶrkisch-Aserbaidschanische Vereinigung in Deutschland e.V.թ§Չ‚-ժ“. Heiko Langner, sein wissenschaftlicher Mitarbeiter, erhielt einen Job im BթƒԹԶro der Abgeordneten Katrin Werner. Im Oktober 2010 reiste Langner nach Aserbaidschan. Am 21.10.2010 թ§Չ‚-Չ€œ also wenige Tage nach dem UnabhթƒԹ)ngigkeitstag Aserbaidschans թ§Չ‚-Չ€œ verթƒԹԳffentlichte թ§Չ‚-ժԷNeues Deutschlandթ§Չ‚-ժ“ einen Artikel des wissenschaftlichen Mitarbeiters der fթƒԹԶr Menschenrechtsfragen zustթƒԹ)ndigen Linksabgeordneten. թ§Չ‚-ժԷSelbstbewusster Kaukasustigerթ§Չ‚-ժ“ lautete der Titel des Artikels.[13] թƒժ“ber die Menschenrechtsverletzungen im թ§Չ‚-ժԷTigerstaatթ§Չ‚-ժ“ Aserbaidschan stand darin nichts zu lesen. Langner hatte sich somit als Aserbaidschan-Experte bewթƒԹ)hrt und durfte im Februar 2011 als Referent auf einer Tagung des թ§Չ‚-ժԷDeutsch-Aserbaidschanische Forum e.V.թ§Չ‚-ժ“ auftreten.

թ‚Թ Die Position der Linksfraktion zu Aserbaidschan zeigt, wie թ§Չ‚-ժԷnachhaltigթ§Չ‚-ժ“ Keskins Einfluss bis heute geblieben ist. Aber offenbar machen sich die Abgeordneten darթƒԹԶber keine Gedanken. Dass sie so ihre eigene GlaubwթƒԹԶrdigkeit in Menschenrechtsfragen verspielen, scheint sie auch nicht zu interessieren.


[1] http://www.guardian.co.uk/world/us-embassy-cables-documents/245758

 

[2] http://www.rferl.org/content/azerbaijan_first_family_build_eurovision_arena/24575761.html

 

[3] http://www.guardian.co.uk/world/us-embassy-cables-documents/245758

 

[4] Der Spiegel, 1/2012

http://www.welt.de/politik/article13636352/Postkartenidyll-mit-Menschenrechtsverletzern.html

[6] Der Spiegel, 1/2012

[7] http://www.hrw.org/de/world-report-%5Bscheduler-publish-yyyy%5D/world-report-2012-aserbaidschan

 

[8] http://www.taz.de/Politische-Lage-in-Aserbaidschan/!93615/

 

[9] http://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/rte/pics/Pressemitteilungen/120524_ROG-Bericht_Aserbaidschan.pdf

 

[10] Amnesty International Bericht 2010

[11] http://www.hrw.org/de/world-report-%5Bscheduler-publish-yyyy%5D/world-report-2012-aserbaidschan

 

[12] http://www.hrw.org/de/world-report-%5Bscheduler-publish-yyyy%5D/world-report-2012-aserbaidschan

 

[13] http://www.neues-deutschland.de/artikel/182344.selbstbewusster-kaukasustiger.html

armenieninfo.net

photoթ‚Թ  by dn.se

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