Armin T. Wegner ist einer der bekanntesten Chronisten des VթԹԳlkermordes an den Armeniern. Er wurde Augenzeuge des Genozids, da er sich als AngehթԹԳriger des deutschen SanitթԹ)tsdienstes zur Zeit des ersten Weltkrieges im Osmanischen Reich aufhielt. Seine Versuche, zumindest einzelne Personen zu retten, blieben ohne Erfolg. Das Gesehene und Erlebte erschթԹԶtterte ihn so sehr, dass er auch nach dem Ende des Krieges nicht von diesem Menschheitsverbrechen loskam. Er entfaltete zahlreiche AktivitթԹ)ten und berichtete թԹԶber die in Deutschland weitgehend unbekannten Morde und Massaker. Strenge staatliche Zensurvorschriften hatten die Informierung der deutschen BevթԹԳlkerung verhindert.
Wegner hatte trotz scharfer Verbote zahlreiche Fotographien gemacht, die an Armeniern verթԹԶbte Grausamkeiten verschiedenster Art dokumentierten. Diese ermթԹԳglichten es ihm, einen Lichtbildervortrag zusammenzustellen, nachdem er wieder nach Deutschland zurթԹԶckgekehrt war. Seine Dias zeigte er kombiniert mit VortrթԹ)gen wiederholt in Deutschland aber auch in թՉsterreich. Wegner war damit nicht nur eine der wenigen PersթԹԳnlichkeiten, die sich nach 1918 in Deutschland des Schicksals der Armenier annahmen, er war auch der erste der bereits zwischen 1919 und 1924 einem grթԹԳթժԴeren Publikum Bilder vom VթԹԳlkermord zugթԹ)nglich machte. Die bei den VortrթԹ)gen verwendeten Fotos hatte er zumeist selbst aufgenommen, andere waren ihm von Kameraden und Bekannten zur VerfթԹԶgung gestellt worden.
թԹ Der Herausgeber des Buches, Andreas Meier, ein Professor fթԹԶr Germanistik, vergleicht in wissenschaftlich tadelloser Weise die Texte verschiedener VortrթԹ)ge Wegners. Dabei zeigt er, wie sich dessen Vorstellungen թԹԶber die Ereignisse und die Beteiligten sowie das von ihm bei der Beschreibung benutzte Vokabular թԹ)nderten. Dies ist verdienstvoll, es wird aber eher fթԹԶr jene von Bedeutung sein, die sich speziell fթԹԶr die Person A. T. Wegner interessieren. Von allgemeinerem Interesse sind die im Buch wieder abgedruckten Bilder, die bei den VortrթԹ)gen gezeigt wurden. Bereits wegen dieser Aufnahmen lohnt sich eine BeschթԹ)ftigung mit dem Werk. Sie zeigen zunթԹ)chst Bilder aus dem Alltag der Armenier, dann MaթժԴnahmen gegen Einzelpersonen (Bastonade, Galgen), anschlieթժԴend ZթԹԶge mit Vertriebenen, die WթԹԶstenlandschaft der Zielgebiete, Lager in der WթԹԶste, Tote, Kadaver, Bestattungen, թժberlebende (Kinder und Frauen). Da der VթԹԳlkermord von offizieller tթԹԶrkischer Seite und gut honorierten Wissenschaftlern immer noch bestritten wird, bleibt zu fragen, ob die Fotos ein Beweismittel besonderer QualitթԹ)t gegen die Leugner sind. Entgegen dem spontanen Eindruck ist das nicht der Fall, jedenfalls gilt das fթԹԶr bloթժԴe Abbildungen.
Um das zu erklթԹ)ren, hilft es vielleicht, an Kriminalfilme zu erinnern. Auch dort ist derjenige, der gesehen oder fotographiert wird, als er sich թԹԶber einen Toten beugt, nicht bereits als MթԹԳrder թԹԶberfթԹԶhrt. Es kommt zum Bestimmen des Beweiswerts eines Bildes u. a. stets darauf an, wer der Fotograph war, was vor und nach der Aufnahme geschah usw. Genau solcher MթԹԶhen unterzieht sich der Herausgeber des Buches. Er versucht z. B., soweit das թԹԶberhaupt mթԹԳglich ist, herauszufinden, welche der in den DiavortrթԹ)gen gezeigten Aufnahmen von A. T. Wegner selbst stammen und welche ihm zur VerfթԹԶgung gestellt wurden. Welche Bedeutung dergleichen hat, musste թԹԶbrigens A. T. Wegner bereits bei seinem ersten Vortrag erfahren. Anwesende TթԹԶrken protestierten, bestritten die mit den Bildern verbundenen Behauptungen, und beinahe wթԹ)re es zu einer SchlթԹ)gerei gekommen. Dem Vorwurf, Wegner sei ein թ§Չ-ժԷumstrittener Zeitzeugeթ§Չ-ժ, geht in einem lթԹ)ngeren Nachwort Wolfgang Gust, der Doyen der deutschen Genozidforscher, nach. Er zeigt durch seine souverթԹ)ne Kenntnis der schriftlichen Quellen, dass die von Wegner aufgenommenen Fotos sowie die Inhalte seiner VortrթԹ)ge genau mit dem թԹԶbereinstimmen, was auch andere Zeitzeugen gesehen und schriftlich festgehalten hatten.
Die erste Ausstellung von Wegner aufgenommener und zusammengetragener Bilder fand թԹԶbrigens vermutlich zuerst 1995 in Mailand statt. (Ein Katalog mit den Aufnahmen und Kommentaren auch in englischer Sprache erschien 1996: Armin T. Wegner and the Armenians in Anatolia, 1915. Images and testimonies, Mailand.) Zwischen dem Ereigniss und der Ausstellung lagen 80 Jahre. Demnach war bis dahin der Wert dieser Bilddokumente bis dahin kaum erkannt worden. FթԹԶr die WeiterfթԹԶhrung dieser AufklթԹ)rungsarbeit, fթԹԶr die Herausgabe des Buches gebթԹԶhrt dem Herausgeber und dem Verlag Anerkennung.
[Seitens der Forschung in Deutschland hatten Tessa Hofman und Gerayer Koutcharian bereits 1992 eine umfangreiche Bildersammlung zum VթԹԳlkermord zusammengestellt. Sie erschien aber in den USA (Armenian Review, 1992, Nr. 1-2, S. 177 f. u. S. 53 թ§Չ-Չ S. 184.). GegenwթԹ)rtig ist zumindest ein Teil dieser Bilder im Internet unter http://www.aga-online.org/ zu finden.]
JթԹԳrg Berlin
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