Revisionsprozess gegen Schriftsteller Dogan Akhanli

In Istanbul wurde erneut ein Verfahren gegen den in KթƒԹԳln lebenden tթƒԹԶrkischstթƒԹ)mmigen Schriftsteller Dogan Akhanli erթƒԹԳffnet. Eine Delegation aus Deutschland war zu seiner UnterstթƒԹԶtzung in die TթƒԹԶrkei gereist.

Sichtbar enttթƒԹ)uscht verlieթƒժԴ die 20-kթƒԹԳpfige Delegation aus Deutschland den Gerichtssaal: Zu gerne hթƒԹ)tte sie Dogan Akhanli als freien Mann gesehen. Mitglieder deutscher Parteien, Menschenrechts- und KթƒԹԶnstlerorganisationen – darunter auch der Journalist und Autor GթƒԹԶnter Wallraff – sind nach Istanbul gereist, um den Revisionsprozess gegen den in KթƒԹԳln lebenden tթƒԹԶrkischstթƒԹ)mmigen Menschenrechtler und Schriftsteller Dogan Akhanli (am 31. Juli 2013) zu verfolgen. Dogan Akhanli selbst nahm aus Angst vor einer Verhaftung nicht an der Verhandlung teil.

Gruppenfoto der deutschen Delegation in Istanbul, die zur UnterstթƒԹԶtzung des Schriftstellers Akhanli in die TթƒԹԶrkei gereist ist (Foto: DW/Sokollu) Solidarisch mit Akhanli: Die deutsche Delegation in Istanbul

Schon 2011 wurde Akhanli aus Mangel an Beweisen vom Vorwurf eines bewaffneten RaubթƒԹԶberfalls mit Totschlag in einer Wechselstube in Istanbul aus dem Jahre 1989 freigesprochen. Das Kassationsgericht in Ankara hatte den Freispruch im Februar 2013 allerdings aufgehoben und zur Neuverhandlung an das Strafgericht in Istanbul թƒԹԶberwiesen. Der erste Verhandlungstag ergab diesmal jedoch keinen erneuten Freispruch fթƒԹԶr Akhanli, sondern einen internationalen Haftbefehl und eine Vertagung auf den 04. Oktober.

“Katastrophale Aktenlageթ§Չ‚-ժ“

Als junger politischer Aktivist war Akhanli bereits 1985 zum ersten Mal festgenommen worden. Er war als Mitglied der illegalen “RevolutionթƒԹ)ren Kommunistischen Partei der TթƒԹԶrkei” (TDKP) im Untergrund aktiv. Nach mehr als zwei Jahren im MilitթƒԹ)rgefթƒԹ)ngnis kam er frei. 1991 floh er mit seiner Familie nach Deutschland, wo er als politischer FlթƒԹԶchtling aufgenommen wurde. In KթƒԹԳln arbeitete er als Schriftsteller. In seinen BթƒԹԶchern hat er das Massaker an christlichen Armeniern im Osmanischen Reich als VթƒԹԳlkermord bezeichnet – was in der TթƒԹԶrkei als Tabubruch gilt.

PortrթƒԹ)t von Dogan Akhanlis Verteidigerin Sennur Baybuga (Foto: DW/Sokollu) Akhanlis Verteidigerin Sennur Baybuga

2010 wurde Dogan Akhanli am Istanbuler Flughafen festgenommen, als er seinen schwerkranken Vater in der TթƒԹԶrkei besuchen wollte. Erst nach vier Monaten Untersuchungshaft wurde er freigelassen. Bei dem Haftbefehl ging es – damals wie heute – um einen RaubթƒԹԶberfall aus dem Jahr 1989, bei dem ein Mann ums Leben gekommen war. Der Fall wurde ursprթƒԹԶnglich schon nach drei Wochen zu den Akten gelegt. Erst drei Jahre spթƒԹ)ter, 1992, wurde er wieder aufgenommen. “Die SթƒԹԳhne des Ermordeten, die den RaubթƒԹԶberfall թƒԹԶberlebt haben, haben mich nicht als TթƒԹ)ter identifiziert”, so Akhanli im DW-GesprթƒԹ)ch. “Doch jetzt begrթƒԹԶndet das Kassationsgericht, dass es so lange her ist und man die Zeugenaussagen nicht mehr berթƒԹԶcksichtigen kթƒԹԳnne.” Er verstehe die juristische BegrթƒԹԶndung nicht, so der Schriftsteller.

Die Aktenlage sei katastrophal, betont auch Berivan Aymaz, GrթƒԹԶnen-Politikerin und Mitglied der deutschen Delegation, die im Namen der Kampagne “Gerechtigkeit fթƒԹԶr Dogan Akhanli” nach Istanbul zum Revisionsprozess gereist ist. “Sie ist lթƒԹԶckenhaft, fehlerhaft und voll mit absurden VorwթƒԹԶrfen. Dass aufgrund dieser Aktenlage trotzdem kein Freispruch folgt, ist eigentlich sehr besorgniserregend,” so Aymaz im DW-GesprթƒԹ)ch.

Wallraff: “Politische Gesinnungsjustiz”

Noch vor Verhandlungsbeginn kam es zu einem Zwischenfall im Kreise der Delegation: Klaus MթƒԹԶller von der Partei “Die Linke” wurde zu Beginn der Woche fթƒԹԶr einige Stunden von der tթƒԹԶrkischen Polizei festgenommen. Er hatte lautstark dagegen protestiert, dass die im Gezi-Park aufgestellte GedenkstթƒԹ)tte fթƒԹԶr die Todesopfer der Protestbewegung entfernt wurde. Und auch wթƒԹ)hrend der Verhandlung kam es zu einer verbalen Auseinandersetzung mit dem Aufsichtspersonal: Dem deutschen Journalisten GթƒԹԶnter Wallraff wurde das FlթƒԹԶstern untersagt und mit einem Verweis aus dem Gerichtssaal gedroht.

Der Journalist GթƒԹԶnter Wallraff mit einem Akhanli-SolidaritթƒԹ)ts-T-Shirt (Foto: DW/Sokollu) GթƒԹԶnter Wallraff fordert: “Gerechtigkeit fթƒԹԶr Akhanli!”

Wallraff ist empթƒԹԳrt թƒԹԶber den Revisionsprozess gegen Akhanli. Er vergleicht diesen Fall mit dem der tթƒԹԶrkischstթƒԹ)mmigen Schriftstellerin und Soziologin Pinar Selek: Deren FreisprթƒԹԶche wurden viermal von einem tթƒԹԶrkischen Gericht wieder aufgehoben, 2013 wurde sie schlieթƒժԴlich zu lebenslanger Haft verurteilt. Auch ihren Fall hat Wallraff թƒԹԶber Jahre hinweg verfolgt: “Es ist die gleiche Show, die hier ablթƒԹ)uft”, so Wallraff im DW-GesprթƒԹ)ch. Bei Akhanli gebe es einen Zusammenhang zwischen dem harten Vorgehen der tթƒԹԶrkischen Justiz gegen ihn und seinem Engagement fթƒԹԶr “die Armenier-Frage, die er in Romanen und TheaterstթƒԹԶcken behandelt. Bei Pinar Selek sei es damals um Themen wie Frauenrechte, Minderheitenrechte und die Armee gegangen, so Wallraff.

Auch Akhanli selbst zieht Parallelen zu dem Fall Pinar Selek, weiթƒժԴ aber nicht was ihn im Oktober erwartet: “Am 04. Oktober kթƒԹԳnnte ich natթƒԹԶrlich wieder einen Freispruch bekommen. Ich glaube, das ist ein komisches Spiel der tթƒԹԶrkischen Politik. Das war schon թƒԹԳfter so.”

Inzwischen habe das Gericht einen internationalen Haftbefehl gegen Akhanli verhթƒԹ)ngt, “aber er muss nicht ausgeliefert werden”, erklթƒԹ)rt seine Verteidigerin Sennur Baybuga die Rechtslage des deutschen StaatsbթƒԹԶrgers Akhanli. Man mթƒԹԶsse auf jeden Fall verhindern, dass er in die TթƒԹԶrkei reise. Denn wenn er dort einreise, sei er verloren, warnt die AnwթƒԹ)ltin.

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DW.DE

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