Sehr geehrter Herr GeneralsekretթԹ)r,
die kleine Stadt Kasab im syrisch-tթԹԶrkischen Grenzgebiet hat in den letzten Tagen einen Alptraum erlebt: die offene Fortsetzung des tթԹԶrkischen Genozids an den Armeniern aus den Jahren 1915 ff. Offensichtlich hat die tթԹԶrkische Regierung den KթԹ)mpfern der Al-Nusra-Front grթԹԶnes Licht gegeben, die Stadt zu թԹԶberfallen. Die Bewohner Kasabs und der umliegenden DթԹԳrfer – vor allem armenische Christen – mussten fliehen. Die wenigen ZurթԹԶckgebliebenen wurden als Geiseln genommen und gefoltert.
Wir sind in hթԹԳchstem MaթժԴe beunruhigt. Kasab ist ein Symbol des Muts und des թժberlebenswillens der Armenier. Diese Stadt, Teil des mittelalterlichen Kilikisch-Armenischen KթԹԳnigreichs, hat eine lange Leidensgeschichte hinter sich. WթԹ)hrend des Genozids, der fast auf den Tag genau vor 99 Jahren von der osmanischen Regierung ausgerufen wurde, waren die meisten Einwohner gemordet, in die WթԹԶste getrieben oder verschleppt worden. Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Stadt franzթԹԳsisches Mandatsgebiet. Die թժberlebenden des Genozids wehrten sich mit Erfolg gegen die 1938 geplante RթԹԶckgabe an die TթԹԶrkei: Sie waren sicher, dass sie eine solche Operation nicht թԹԶberleben wթԹԶrden. Und jetzt? Jetzt hat die TթԹԶrkei zugeschlagen, um das Werk von 1915 zu vollenden. Der Augenblick ist gut gewթԹ)hlt: die WeltթԹԳffentlichkeit schaut Richtung Krim und Ukraine, da fթԹ)llt eine solche Aktion weitab von den Brennpunkten der Politik nicht weiter auf!
Die Armenier in aller Welt sehen, dass die TթԹԶrkei, indem sie Kasab vernichten lթԹ)sst, ein armenisches Symbol zerstթԹԳren will. Das Angebot des tթԹԶrkischen AuթժԴenministers, armenische FlթԹԶchtlinge aus Kasab in der TթԹԶrkei aufzunehmen, kann man nur als bitteren Zynismus verstehen. In Wirklichkeit ist es wohl eher so, dass die TթԹԶrkei eine Warnung an die Armenier im eigenen Land, aber ebenso auch in der Diaspora gegeben hat: Haltet Euch ruhig, und hթԹԳrt endlich auf vom VթԹԳlkermord zu reden – sonst droht Euch թ§Չ-ժԷKasabթ§Չ-ժ. Klar erkennbar hat die tթԹԶrkische Regierung erhebliche Angst davor, dass die Weltgemeinschaft im nթԹ)chsten Jahr am 24. April, zur 100. Wiederkehr des Genozids von 1915, einen breiten Konsens der Anerkennung finden wird.
Wir appellieren an die Vereinten Nationen und an Sie persթԹԳnlich, mթԹ)թժԴigend auf die TթԹԶrkei einzuwirken und alles zu tun, um den Schutz der Christen in der TթԹԶrkei und in den grenznahen Gebieten in Syrien zu gewթԹ)hrleisten. Die FlթԹԶchtlinge mթԹԶssen geschթԹԶtzt werden, die Weltgemeinschaft muss sicherstellen, dass die Menschen in ihre angestammte Heimat zurթԹԶckkehren kթԹԳnnen.
Wir Armenier in Deutschland und in Europa fթԹԶhlen uns aufs Engste verbunden mit den Menschen von Kasab. Wir werden auf die StraթժԴen gehen und fթԹԶr das Leben unserer Landsleute demonstrieren. Wir erheben unsere Stimme gegen VթԹԳlkermord und Christenverfolgung. Wenn wir am 24. April wieder der Opfer des Genozids von 1915-1923 gedenken, wird das auch eine mթԹ)chtige Demonstration gegen die anhaltende Leugnungspolitik der TթԹԶrkei sein, die bis heute die Wahrheit թԹԶber den Tod der Opfer verweigert. Und das betrifft keineswegs allein die Armenier – es betrifft ebenso viele andere ethnische und religiթԹԳse Gruppen in der TթԹԶrkei, wie etwa die Hunderttausenden Assyrer/AramթԹ)er, Eziden und kleinasiatischen Griechen, die wir alle bis heute drangsaliert und schikaniert werden.
Bitte helfen Sie, diese Leugnungspolitik zu beenden. Wir sind sicher: Erst wenn die TթԹԶrkei sich zu ihrer Geschichte bekennt, erst wenn die TթԹԶrkei bereit sein wird, den VթԹԳlkermord anzuerkennen und ihre eigene Geschichte ehrlich aufzuarbeiten, wird sie ihre Politik թԹ)ndern und werden wir in Frieden miteinander leben kթԹԳnnen.
Hochachtungsvoll
Azat Ordukhanyan
Vorsitzender des Armenisch-Akademischer Vereins 1860 e.V.
31. MթԹ)rz 2014
Kopie an:
Bundesminister des AuswթԹ)rtigen, Herrn Frank-Walter Steinmeier
Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen fթԹԶr Westeuropa (UNRIC), VerbindungsbթԹԶro in Deutschland
Be the first to comment