Der tթԹԶrkische PrթԹ)sident Erdogan hat mit einer erheblichen Verschlechterung der Beziehungen gedroht. Davon unbeirrt setzte der Bundestag heute ein Zeichen: In einer Resolution bezeichnete er das Massaker an den Armeniern als “VթԹԳlkermord”. Verbunden war die Debatte mit deutlicher Kritik an Erdogan.
BundestagsprթԹ)sident Norbert Lammert verteidigte die parlamentarische Auseinandersetzung mit den historischen Massakern an den Armeniern und die Resolution. “Ein Parlament ist keine Historikerkommission und ganz gewiss kein Gericht”, sagte er am Donnerstag zum Auftakt der Debatte թԹԶber einen umstrittenen Antrag von Union, SPD und GrթԹԶnen. Der Bundestag kթԹԳnne und wolle unbequemen Fragen aber nicht aus den Weg gehen – “zumal dann, wenn, wie bei dem VթԹԳlkermord an den Armeniern und anderen christlichen Minderheiten vor 100 Jahren im Osmanischen Reich das Deutsche Reich selbst Mitschuld auf sich geladen hat”.
Morddrohungen gegen Bundestagsabgeordnete
Lammert verurteilte zahlreiche Drohungen bis hin zu Morddrohungen gegen Abgeordnete besonders mit tթԹԶrkischem Familienhintergrund vor der Debatte. Kritik sei selbstverstթԹ)ndlich zu akzeptieren. Inakzeptabel seien aber Drohungen mit dem Ziel, die freie Meinungsbildung des Bundestages zu verhindern. “Wir werden sie nicht hinnehmen und uns ganz gewiss von ihnen nicht einschթԹԶchtern lassen.”Lammert appellierte an die TթԹԶrkei, zur Aufarbeitung der Vergangenheit und VersթԹԳhnung mit Armenien beizutragen. Die deutsche Geschichte lehre, dass ehrliche und selbstkritische Auseinandersetzung Voraussetzung fթԹԶr VerstթԹ)ndigung sei. Er sagte weiter: “Die heutige Regierung in der TթԹԶrkei ist nicht verantwortlich fթԹԶr das, was vor 100 Jahren geschah, aber sie ist mitverantwortlich fթԹԶr das, was daraus in Zukunft wird.” Vertreter der tթԹԶrkischen Regierung wie auch Armeniens verfolgten die Debatte auf der BesuchertribթԹԶne des Parlaments.
“Krieg relativiert nichts”
Der auթժԴenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rolf MթԹԶtzenich, nannte die Resolution einen Appell zur Aufarbeitung und Selbstverantwortung. Er betonte, eine solche Aufarbeitung kթԹԳnne zur Entspannung im Kaukasus beitragen. Dies sei auch Aufgabe der Deutschen, zum einen wegen der deutschen Mitschuld an dem Massaker vor 100 Jahren, zum anderen weil Deutschland derzeit den OSZE-Vorsitz habe.”Die Vertreibung wurde in der Absicht begangen, eine ethnische Gruppe zu vernichten”, sagte MթԹԶtzenich. Dabei spiele es keine Rolle, ob dies im Krieg oder im Frieden geschah. “Krieg relativiert nichts, wenn Menschenrechtsverletzungen begangen werden.”An die Adresse Erdogans gerichtet, sagte er: “Die TթԹԶrkei hat Juden vor dem Holocaust gerettet. Heute wթԹԶnschen wir uns eine TթԹԶrkei, die in vergleicharer GrթԹԳթժԴe ihrer Geschichte gerecht wird.” Es gehe um den VթԹԳlkermord an den Armeniern, nicht um die Beurteilung Erdogans. Doch man dթԹԶrfe AuթժԴenpolitik nicht mit dem Schaum vor dem Mund machen. Man dթԹԶrfe nicht die Allmachtsfantasien von Alleinherrschern fթԹԳrdern.MթԹԶtzenich kritisierte, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei ihrem TթԹԶrkei-Besuch nicht mit Vertretern der von Verhaftungswellen bedrohten Opposition zusammentraf, so wieթԹ sein Parteifreund Frank-Walter Steinmeier dies als AuթժԴenminister getan habe, um ein klares Zeichen in Richtung Erdogan zu setzen.
Stichwort VթԹԳlkermord
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen machte als Folge des Massenmords an den Juden im Zweiten Weltkrieg den Genozid zum Straftatbestand des VթԹԳlkerrechts. Die entsprechende Konvention trat 1951 in Kraft. Demnach handelt es sich bei einem VթԹԳlkermord um ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Darunter versteht man Handlungen, die “in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische, rassische oder religiթԹԳse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstթԹԳren”. Dabei geht es nicht nur um systematisches TթԹԳten, sondern auch um die vorsթԹ)tzliche Verschlechterung von Lebensbedingungen sowie um Zwangsabtreibungen oder -adoptionen.
Wie eng der Begriff allerdings zu definieren ist, darթԹԶber streiten Juristen seit Jahren. Debattiert wird etwa, ob die Morde der kommunistischen Roten Khmer in Kambodscha an der eigenen BevթԹԳlkerung unter den Begriff des Genozids fallen, weil es sich bei den Opfern nicht um eine Volksgruppe, sondern um politische Gegner handelte. Gestritten wird aber auch, ob Australien des VթԹԳlkermords schuldig ist, weil es Aborigine-MթԹԶttern ihre mit weiթժԴen VթԹ)tern gezeugten Kinder wegnahm und sie in staatlicher Obhut erzog. Als Genozid gilt heute auch der von radikalen Hutu-Milizen an Hunderttausenden Tutsis begangene VթԹԳlkermord in Ruanda (April 1994) sowie in Europa das von Serben an bosnischen Muslimen verթԹԶbte Massaker in Srebrenica (Juli 1995). (dpa/afp)
Gysi: Auch Deuschland hat noch Geschichte aufzuarbeiten
Nach mehr als einem Dutzend anderer LթԹ)nder gedenke nun auch der Bundestag der Opfer der Deportation im Osmanischen Reich vor 100 Jahren, erklթԹ)rte der Abgeordnete Gregor Gysi fթԹԶr die Linkspartei. “Endlich mթԹԶssen wir es als das benennen, was es war: ein VթԹԳlkermord an 1,5 Millionen Armenieren sowie AramթԹ)ern und AngehթԹԳrigen weiterer christlicher Minderheiten”. Und das Deutsche Reich als VerbթԹԶndeter des Osmanischen Reichs leistete Beihilfe zum VթԹԳlkermord.”
թՉzdemir: Nicht Komplize der Leugner werden
Unionsfraktionsvize Franz Josef Jung (CDU) betonte: “Uns geht es nicht darum, die TթԹԶrkei an den Pranger zu stellen.” Nur wer sich zur Vergangenheit bekenne, kթԹԳnne Zukunft gestalten. Gerade angesichts der vielen TթԹԶrken in Deutschland sei es besonders wichtig, AussթԹԳhnung zu erreichen.GrթԹԶnen-Chef Cem թՉzdemir sagte: “Dass wir in der Vergangenheit Komplizen dieses furchtbaren Verbrechens geworden sind, darf nicht heiթժԴen, dass wir heute zu Komplizen der Leugner werden.”
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