to :
Bundeskanzleramt Frau Bundeskanzlerin Angela Merkel Willy-Brandt-StraթժԴe 1 10557 Berlin
BundeskanzleramtFrau Bundeskanzlerin Angela MerkelWilly-Brandt-StraթժԴe 110557 Berlin
to:
AuswթԹ)rtiges Amt
Frau Staatsministerin Cornelia Pieper
11013 Berlin
Assembly of Armenians of Europe
to:
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
ASSEMBLY OF ARMENIANS OF EUROPE (AAE)
թԹբթժզթԹթխթժ թԹ՞թՉ»թԹե թՉ-թԹ՞թՉ»թԹբթԹթԹե թՉ-թԹ՞թՉթԹ՞թԹաթխթՉթՉթԹ՞թԹ (թԹբթՉ-թՉ-
press releas
Assembly of Armenians of Europe
Garo Hakopian
Box. 25 106, 75025 Uppsala, SWEDEN
Ansprechpartner Deutschland :
Dr. Raffi Bedikian
Oststrasse 143
46539 Dinslaken
E-Mail: bedikian2001@yahoo.de
AuswթԹ)rtiges Amt
Frau Staatsministerin Cornelia Pieper
11013 Berlin
Offener Brief an das Bundeskanzleramt, den Bundestag und das AuswթԹ)rtige Amt
VթԹԳlkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Pieper,
anlթԹ)sslich des bevorstehenden 95. Jahrestages des VթԹԳlkermordes an den Armeniern im
Osmanischen Reich und der damit zusammenhթԹ)ngenden Antwort der Bundesregierung auf
die Kleine Anfrage der Partei DieLinke. (BT-Drs. 17/687 vom 10.02.2010) mթԹԳchten wir uns,
die Assembly of Armenians of Europe (AAE), an Sie wenden.
Die Bundestags-Drucksache 15/5689 aus dem Jahre 2005 wurde von den in Deutschland
lebenden Armeniern begrթԹԶթժԴt. Auch wenn die Begriffe թ§Չ-ժԷGenozidթ§Չ-ժ bzw. թ§Չ-ժԷVթԹԳlkermordթ§Չ-ժ nicht
verwendet worden waren, so sah man doch in der Annahme des Antrages von CDU/CSU,
SPD, FDP und GrթԹԶne/BթԹԶndnis 90 die Verurteilung von staatlich gelenktem Unrecht, da der
Bundestag die Taten der jungtթԹԶrkischen Regierung des Osmanischen Reiches, die zur fast
vollstթԹ)ndigen Vernichtung der Armenier in Anatolien gefթԹԶhrt haben, beklagte.
Nach der neuesten Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Partei DieLinke.
drթԹ)ngt sich bei uns Armeniern jedoch der Verdacht auf, dass man bereits seinerzeit gewisse
Begrifflichkeiten vermieden hat, um sich einen Notausgang offen zu halten. Man erfreute die
Armenier, ohne die tթԹԶrkische Regierung oder die hier lebenden tթԹԶrkischen Migranten allzu
sehr zu verթԹ)rgern. Man sprach sogar fթԹԶr eine Untersuchungskommission, die die
Geschehnisse prթԹԶfen und neu bewerten sollte, aus. Ganz im Sinne der tթԹԶrkischen Regierung,
also der Rechtsnachfolgerin der TթԹ)ter.
Die Bundesregierung lթԹ)sst sich in ihrer aktuellen Stellungnahme (BT-Drs. 17/687 vom
10.02.2010) vorschnell dazu verleiten, die zivilen Aktionen bezթԹԶglich der Aufarbeitung der
Geschichte in der TթԹԶrkei gutzuheiթժԴen. Sie blendet die eigentliche Zielrichtung der Fragen aus
und ignoriert, dass es dem Fragesteller um die MaթժԴnahmen zur Anerkennung eines
bestimmten VթԹԳlkermordes geht. Vielmehr թԹ)uթժԴert sie sich թԹԶber die aktuelle Lage der TթԹԶrkei in
Bezug auf Reform- und Demokratisierungsprozesses und betont, dass sich die
Bundesregierung fթԹԶr eine Verbesserung der Situation in der TթԹԶrkei einsetze.
Es geht den Fragestellern ebenso wie der den Armeniern, als Betroffene dieser
geschichtlichen Ereignisse, nicht um eine Verbesserung der Situation in der TթԹԶrkei, es geht
v.a. um Anerkennung einer Straftat und der Herstellung der WթԹԶrde seiner Verstorbenen.
AusdrթԹԶcklich gelobt wird die Internet-Petition, die eine knapp formulierte Entschuldigung
beinhaltet, in welcher der Begriff թ§Չ-ժԷVթԹԳlkermordթ§Չ-ժ, ganz im Sinne der tթԹԶrkischen Regierung
vermieden wird.
Recep Tayyip Erdogans scheinbare Ablehnung der Kampagne diente der Wahrung einer
Kulisse, wթԹ)hrend er sich im klaren darթԹԶber war, dass die Unterschriften-Aktion das positive
Image einer demokratischen, offenen TթԹԶrkei untermalte. Der tթԹԶrkische Machtapparat
spendete keinen Trost, թԹԶbernahm keine Verantwortung, sondern bereicherte sich ein
weiteres Mal an dem Leid der Opfer. Die Aktion, die scheinbar den Nachkommen der Opfer
galt, entpuppte sich als trojanisches Pferd.
Ein weiteres Beispiel fթԹԶr eine scheinbare Verbesserung der Bereitschaft sich der eigenen
Geschichte zu stellen ist der des Artikel 301 des tթԹԶrkischen Strafgesetzbuches. Die թՉnderung
des Artikels wird in der Antwort der Bundesregierung ebenfalls unbedacht positiv beurteilt.
Inwieweit ist die geringfթԹԶgige թՉnderung des Strafrahmens von Bedeutung, wenn der
Straftatbestand an sich unverթԹ)ndert existiert und weiterhin im Widerspruch zu Art. 10 der
europթԹ)ischen Menschenrechtskonvention steht?
Die Antwort der Bundesregierung թԹԶbersieht, dass die Grundrechte einer prinzipiellen
BeschrթԹ)nkung unterliegen und allesamt unter dem faktischen Vorbehalt, dass die Familie,
das Land, das TթԹԶrkentum nicht beschթԹ)digt werden, gelten. Diesen nationalistischen
Grundgedanken mթԹԳchte kein MandatstrթԹ)ger der TթԹԶrkei antasten.
DarթԹԶber hinaus mussten wir erfahren, dass die Bundesregierung ein Projekt des Instituts fթԹԶr
internationale Zusammenarbeit des deutschen Volkshochschulverbandes (dvv-international)
finanziell unterstթԹԶtze, in dessen Rahmen Studenten zusammenkթԹ)men und sich mit der
Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte auseinandersetzen.
Dass sich einzelne aus der ZivilbevթԹԳlkerung entschuldigen, ist nicht gleichzusetzen mit der
Anerkennung des VթԹԳlkermordes durch die Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches, der
heutigen TթԹԶrkei. թժbersieht die Bundesregierung hier tatsթԹ)chlich, dass die Anerkennung eines
Genozids nicht vorrangig eine Angelegenheit der ZivilbevթԹԳlkerung, geschweige den eine von
Studenten ist? Hier sollte die tթԹԶrkische Regierung gefordert werden vorrangig zur Tat zu
schreiten!
Tragisch endet die Stellungnahme der Bundesregierung mit den Worten, die Aufarbeitung
der Ereignisse von 1915 / 16 sei in erster Linie Sache der beiden betroffenen LթԹ)nder. Sollen
demnach die Nachkommen der TթԹ)ter und Opfer selbst ihr eigenes Problem lթԹԳsen?
Interessiert sich die Bundesregierung lediglich fթԹԶr die AnnթԹ)herung dieser Staaten aufgrund
der unterzeichneten Protokolle թ§Չ-Չ selbst wenn in diesem Projekt einer der Beteiligten den
Preis der VerhթԹԳhnung der 1,5 Millionen Opfer zahlen mթԹԶsste?
Im Gegensatz zur Bundestags-Drucksache 15/5689 aus dem Jahre 2005 թԹԶbersieht Frau
Cornelia Pieper, dass das Deutsche Reich im Ersten Weltkrieg mit der jungtթԹԶrkischen
Regierung verbթԹԶndet war, dass deutsche Offiziere und GenerթԹ)le im Osmanischen Heer
dienten und, dass Berlin zum schweigenden Komplizen wurde. Auf die Berichte seines
empթԹԳrten Botschafters in Istanbul antwortete der deutsche Reichskanzler Bethmann-
Hollweg: “Unser einziges Ziel war, die TթԹԶrkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu
halten, gleichgթԹԶltig, ob darթԹԶber Armenier zugrunde gingen oder nicht.”
Die Anerkennung des VթԹԳlkermordes unter expliziter Verwendung dieses juristischen
Begriffes ist eben nicht allein Sache des tթԹԶrkischen und armenischen Staates. HթԹ)tte jemand
sich nach Ende des Dritten Reiches gewagt eine թԹ)hnliche Empfehlung wie Frau Cornelia
Pieper auszusprechen?
Wir sollen թԹԶber unsere Verstorbenen hinwegsehen, damit wir alle unseren Beitrag zum
Frieden leisten. Ein Frieden wթԹ)re jedoch eher mթԹԳglich, wenn die Rechtsnachfolgerin des
Osmanischen Reiches endlich EhrgefթԹԶhl zeigen und zu ihrer Geschichte stehen wթԹԶrde.
Die FaktizitթԹ)t des VթԹԳlkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich darf nicht zum
Spielball verschiedenster politischer Interessen gemacht werden. Es ist von einem թ§Չ-Չ
allgemein bekannten թ§Չ-Չ internationalen Konsens թԹԶber die TatsթԹ)chlichkeit des Genozids
auszugehen. KlթԹ)rungsbedarf existiert nicht.
Die JungtթԹԶrken des Osmanischen Reiches tթԹԳteten Mitglieder der religiթԹԳs-ethnischen Gruppe
der Armenier in der Absicht, diese religiթԹԳs-ethnische Gruppe als solche zu vernichten.
Armenier des osmanischen Reiches haben damit ohne persթԹԳnliche Schuld allein aufgrund
ihrer Abstammung durch staatlich organisierte und gelenkte GewaltmaթժԴnahmen auf
grausame Weise ihr Leben verloren. Die Geschehnisse im Osmanischen Reich sind, durch
ErfթԹԶllung sթԹ)mtlicher թ§Չ-Չ lediglich alternativ gesetzter թ§Չ-Չ Voraussetzungen des Art. II der UNVթԹԳlkermordkonvention
vom 18. Dezember 1948, juristisch unstreitig als VթԹԳlkermord zu
qualifizieren.
Dokumente aus dem politischen Archiv des AuswթԹ)rtigen Amtes des Deutschen Reiches, aus
den Archiven թՉsterreich-Ungarns, aus dem Nationalarchiv der USA, Augenzeugenberichte
von im Osmanischen Reich tթԹ)tigen Missionaren, Video-Zeugnisse von թժberlebenden,
NachkriegsbestթԹ)nde des armenischen Patriarchats von Konstantinopel, aber auch
osmanische Quellen, wie z.B. im amtlichen Gesetzblatt des Osmanischen Reiches gedruckte
Protokolle der Istanbuler Prozesse, Sitzungsprotokolle des osmanischen Parlamentes,
Berichte der postjungtթԹԶrkischen parlamentarischen Untersuchungskommission und der
sogenannten Mazhar-Kommission sowie alte osmanische Zeitungen, beschreiben, was in den
einzelnen Provinzen des Osmanischen Reiches geschah.
Diese Dokumente belegen v.a., dass die Ittihad-Partei die Kader fթԹԶr die Vernichtung stellte,
deren technische DurchfթԹԶhrung der sogenannten Sonderorganisation թԹԶbertragen wurde,
einer SS-artigen Formation, die թԹԶber Mordkommandos gebot, denen Gendarmen der
Provinzpolizei, aber auch StrafhթԹ)ftlinge angehթԹԳrten, die der Staat mit der Lizenz zum TթԹԳten
vorzeitig aus der Haft entlassen hatte.
In einer Reihe von Prozessen, die gegen fթԹԶhrende tթԹԶrkische Politiker angestrengt worden
waren, mit dem Ziel, den VթԹԳlkermord an den Armeniern wթԹ)hrend des Ersten Weltkrieges zu
untersuchen und die Verantwortlichen zu bestrafen, wurde bereits 1919/20 vor dem
Kriegsgericht in Istanbul der juristische Nachweis der staatlichen Planung und Organisation
der Vernichtung eines gesamten Volkes, erbracht. Diese Istanbuler – Prozesse kamen durch
Druck der alliierten MթԹ)chte zustande, die damit einen ersten Schritt unternahmen,
Menschenrechtsprinzipien mit Hilfe einer internationalen Strafgerichtsbarkeit zur Geltung zu
verhelfen.
Seit 1965 haben թԹԶber 21 Staaten, das EuropթԹ)ische Parlament, der Europarat, die durch den
osmanischen Staat begangenen Deportationen und Massaker der Jahre 1915թ§Չ-Չ1917 offiziell
als Genozid entsprechend der UN-VթԹԳlkermordkonvention von 1948 als historische Tatsache
anerkannt und verurteilt.
Die Taten sind daher nicht von einer Historikerkommission zu untersuchen, sondern von der
internationalen Gemeinschaft, aber im Besonderen von der Rechtsnachfolgerin des
Osmanischen Reiches, der heutigen TթԹԶrkei, durch Anerkennung zu verurteilen. Gleiches gilt
fթԹԶr den damaligen VerbթԹԶndeten des Osmanischen Reiches bzw. dessen Rechtsnachfolger,
die heutige Bundesrepublik Deutschland.
Spricht sich die Bundesregierung in Einklang mit Ankara fթԹԶr die Notwendigkeit einer
Untersuchungskommission aus, stellt sie das Leid der armenischen BevթԹԳlkerung als
fragwթԹԶrdig, gar unglaubhaft dar.
Mit dem Ruf nach einer historischen Untersuchung wird der wichtigste Aspekt
stillschweigend, fast unbemerkt unterschlagen: Die Frage, ob besagte թժbergriffe und
Massaker im Osmanischen Reich als VթԹԳlkermord, und damit als Straftat nach
internationalem Recht zu beurteilen sind, ist definitiv keine historische mehr. Durch die
Parlamente und Regierungen der internationalen Gemeinschaft ist lediglich unter
Anwendung juristischer Arbeitsmethoden festzustellen, dass die vorgeworfenen Handlungen
den Straftatbestand des Art. II der UN-թժbereinkommens von 18. Dezember 1948 erfթԹԶllen.
Nun ist die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert sich dieser Aufgabe zu stellen – aus
Respekt vor der eigenen Vergangenheit und den Menschenrechten, vor allem aber auch
unabhթԹ)ngig von politischen ZweckmթԹ)թժԴigkeiten.
SchlieթժԴlich erweckt die TթԹԶrkei mit ihrer Forderung nach einer unabhթԹ)ngigen Kommission
nicht wirklich den Eindruck der Aufrichtigkeit: Ein Premierminister, der durchgreifend die
FaktizitթԹ)t des Genozids bestreitet, kann keine Untersuchungskommission befթԹԶrworten,
deren Untersuchungsergebnis seiner Genozid-Diplomatie die Grundlage nimmt.
Die UnseriթԹԳsitթԹ)t der tթԹԶrkischen BemթԹԶhungen zur Aufarbeitung der eigenen Geschichte zeigt
auch das tragische Schicksal des armenischen Journalisten Hrant Dink. Dink hat sich fթԹԶr
VersթԹԳhnung eingesetzt. Ihm ging es nicht um eine Schuldzuweisung, sondern um die ehrliche
Aufarbeitung der Geschehnisse, um den in der heutigen TթԹԶrkei lebenden Gemeinschaften
von TթԹԶrken und Armeniern eine VersթԹԳhnung zu ermթԹԳglichen. Seine Leistungen wurden mit
dem Tod bestraft.
Die schleppenden Ermittlungen staatlichen BehթԹԳrden zeigten auf, dass nationalistische
KrթԹ)fte und Teile des MilitթԹ)rs hinter dem jugendlichen MթԹԳrder des Journalisten standen. Die
BefթԹԶrchtung, dass rechtskrթԹ)ftige Verurteilungen auf sich warten lassen werden, drթԹ)ngt sich
auf.
Dass die von der tթԹԶrkischen Regierung bevorzugte Historikerkommission nur eine einzige
Aufgabe haben kann, nթԹ)mlich die scheinbare Widerlegung vorliegender Beweise, um der
Leugnung eine Rechtfertigung zu verschaffen, ist offensichtlich.
Die TթԹԶrkei zieht ihr Botschafter zurթԹԶck, sobald ein unabhթԹ)ngiger Staat sich wagt, mit der sog.
Armenier-Frage zu beschթԹ)ftigen. MinisterprթԹ)sident Recep Tayyip Erdogan sagt
Staatsbesuche ab und erklթԹ)rt թԹԳffentlich, er kթԹԳnne armenische BթԹԶrger aufgrund mangelnder
Aufenthaltserlaubnis deportieren.
SelbstverstթԹ)ndlich wird sich der Premierminister der TթԹԶrkei nicht wagen, diese Drohung zu
verwirklichen. Auch sind die von Erdogan genannten Zahlen von 100.000 illegalen Armeniern
alles andere als richtig.
Ziel dieser DrohgebթԹ)rde ist jedoch nicht ihre Realisierung, sondern Agitation und
Propaganda, v.a. im eigenen Land. Solche rassistischen, anti-armenischen թՉuթժԴerungen
machen alle in der TթԹԶrkei lebenden Armenier, unabhթԹ)ngig ihrer StaatsangehթԹԳrigkeit, zur
Zielscheibe. Die Botschaft lautet: Das TթԹԶrkentum lթԹ)sst sich nicht kritisieren und kommt
seinen Kritikern zuvor! Hiermit nթԹ)hrt der Premierminister eines Staates nationalistische
Stimmen seines Landes und zeigt alles andere als VersթԹԳhnungsabsichten.
Die IllegalitթԹ)t des Aufenthaltes vermag die rassistische թՉuթժԴerung des Premierministers nicht
zu rechtfertigen. Wollte die TթԹԶrkei tatsթԹ)chlich gegen illegale Einwanderung vorgehen, und
auf den positiv թԹԳkonomischen Effekt einer billigen und rechtlosen Arbeiterschaft verzichten,
so dթԹԶrfte sie ihre MaթժԴnahmen nicht an der Ethnie einer einzigen Gruppe festmachen. Sie
mթԹԶsste MaթժԴnahmen ergreifen, die sich allein nach der IllegalitթԹ)t der Einwanderung richten,
unabhթԹ)ngig von der Herkunft des Betroffenen.
Dass ein Premierminister, dessen StaatsbթԹԶrger in Millionen als FlթԹԶchtlinge und Migranten in
EuropթԹ)ischen LթԹ)ndern leben, und dessen Staat eine Mitgliedschaft in der EuropթԹ)ischen
Union anstrebt, sich unverhohlen rassistisch թԹ)uթժԴern darf, ist erschreckend.
Die Systematik der tթԹԶrkischen Genozid-Diplomatie zeigt sich auch bei dem tթԹԶrkischen
AuթժԴenminister Ahmet Davutoglu. Dieser droht ungeniert, Versuche der internationalen
Gemeinschaft die Geschehnisse als VթԹԳlkermord zu qualifizieren, kթԹԳnnten den sog.
VersթԹԳhnungsprozess behindern.
Wieso darf Ankara die Voraussetzungen fթԹԶr die VersթԹԳhnungen bestimmen und fordern, dass
nicht nur Armenien und andere Staaten der internationalen Gemeinschaft von dem
Standpunkt des Genozides abrթԹԶcken? Ist das Anlegen eines Maulkorbes der tթԹԶrkische Beitrag
zur VersթԹԳhnung? Seit wann hթԹ)ngt die Beurteilung geschichtlicher Ereignisse von der
politischen BekթԹԳmmlichkeit der Gegenwart ab?
Wieso setzt die TթԹԶrkei fթԹԶr die Normalisierung der VerhթԹ)ltnisse voraus, dass sich Armenien
aus Berg-Karabach zurթԹԶckzieht? Sie hat es sich zur Doktrin gemacht im Berg-Karabach-
Konflikt auf der Seite Aserbaidschans zu stehen. Unter dem Vorwand, die VersթԹԳhnung mit
Armenien anzustreben, mischt sie sich in fremde Konflikte und behindert selbst jeden
Versuch einer VersթԹԳhnung.
Wieso wird ein iranischer PrթԹ)sident fթԹԶr den Ruf nach einer Historikerkommission, wenn auch
zu recht, auf schթԹ)rfste verurteilt, wթԹ)hrend der tթԹԶrkische Premier und seine Minister fթԹԶr die
gleiche Forderung gelobt werden. Dass die TթԹԶrkei derzeit versucht sich als Vermittler
zwischen der westlichen und der islamischen Welt verdient zu machen, darf als BegrթԹԶndung
fթԹԶr diese Ungleichbehandlung nicht ausreichen.
Seit wann darf der Nachkomme des TթԹ)ters die Bedingungen seiner bevorstehenden
Verhandlung durch geopolitische ZweckmթԹ)թժԴigkeiten diktieren? WթԹ)re der Holocaust an den
Juden im Dritten Reich kein VթԹԳlkermord, wenn Deutschland nach und trotz dieser Ereignisse
strategisch von besonderer Bedeutung gewesen wթԹ)re? HթԹ)tte man eine VersթԹԳhnung ohne
Anerkennung einer Schuld erreichen kթԹԳnnen?
Ein Vertragspartner, der im Nachhinein Bedingungen setzt, um seiner vertraglichen
Verpflichtung zu entgehen, der sich propagandistischer թՉuթժԴerungen bedient, um seinem
eigenen Volk gegenթԹԶber StթԹ)rke zu demonstrieren, verspielt die Chance auf eine
vertrauensvolle, internationale Zusammenarbeit.
Ein Premier, der in Ankara am 19.03.2010, թԹԳffentlich erklթԹ)rt, der bevorstehende 95.
Jahrestag sei der Jahrestag einer der wenigen Siege des tթԹԶrkische MilitթԹ)rs im ersten
Weltkrieg, muss թԹԳffentlich verurteilt werden.
Die leidvolle Geschichte des armenischen Volkes wird zum Spielball der Nationen, die eine
verfթԹ)ngliche VersթԹԳhnung anstreben. Unverzichtbare Voraussetzung einer VersթԹԳhnung ist
Anerkennung von Schuld, die Anerkennung der FaktizitթԹ)t. Erst dann besteht eine
Verhandlungsgrundlage fթԹԶr eine echte VersթԹԳhnung.
Die Gedenkkultur hat einen unschթԹ)tzbaren Wert in Europa. Die Bundesregierung sollte
tunlichst vermeiden ein so wertvolles Gut feilzubieten.
Wir rufen die Bundesregierung und den Bundestag auf, das wichtigste Anliegen der
armenischen Diaspora in Deutschland mit 60.000 Mitgliedern ernst zu nehmen.
Wir fordern von Bundesregierung und Bundestag, den Genozid an den Armeniern aufrichtig
anzuerkennen.
Wir rufen die Bundesregierung und den Bundestag aber auch auf, die TթԹԶrkei թԹԳffentlich
auffordern, den an der armenischen BevթԹԳlkerung des Osmanischen Reiches verթԹԶbten
Genozid als historische Tatsache anzuerkennen und die Dinge beim Namen zu nennen.
Mit freundlichen GrթԹԶթժԴen
Dr. Raffi Bedikian
Assembly of Armenians of Europe
15.04.2010
press releas
to :
BundeskanzleramtթԹ Frau Bundeskanzlerin Angela MerkelթԹ Willy-Brandt-StraթժԴe 1թԹ 10557 Berlin
BundeskanzleramtFrau Bundeskanzlerin Angela MerkelWilly-Brandt-StraթժԴe 110557 Berlin
to:
AuswթԹ)rtiges Amt
Frau Staatsministerin Cornelia Pieper
11013 Berlin
Assembly of Armenians of Europe
to:
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
ASSEMBLY OF ARMENIANS OF EUROPE (AAE)
թԹբթժզթԹթխթժ թԹ՞թՉ»թԹե թՉ-թԹ՞թՉ»թԹբթԹթԹե թՉ-թԹ՞թՉթԹ՞թԹաթխթՉթՉթԹ՞թԹ (թԹբթՉ-թՉ-
press releas
Assembly of Armenians of Europe
Garo Hakopian
Box. 25 106, 75025 Uppsala, SWEDEN
Ansprechpartner Deutschland :
Dr. Raffi Bedikian
Oststrasse 143
46539 Dinslaken
E-Mail: bedikian2001@yahoo.de
AuswթԹ)rtiges Amt
Frau Staatsministerin Cornelia Pieper
11013 Berlin
Offener Brief an das Bundeskanzleramt, den Bundestag und das AuswթԹ)rtige Amt
VթԹԳlkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Pieper,
anlթԹ)sslich des bevorstehenden 95. Jahrestages des VթԹԳlkermordes an den Armeniern im
Osmanischen Reich und der damit zusammenhթԹ)ngenden Antwort der Bundesregierung auf
die Kleine Anfrage der Partei DieLinke. (BT-Drs. 17/687 vom 10.02.2010) mթԹԳchten wir uns,
die Assembly of Armenians of Europe (AAE), an Sie wenden.
Die Bundestags-Drucksache 15/5689 aus dem Jahre 2005 wurde von den in Deutschland
lebenden Armeniern begrթԹԶթժԴt. Auch wenn die Begriffe թ§Չ-ժԷGenozidթ§Չ-ժ bzw. թ§Չ-ժԷVթԹԳlkermordթ§Չ-ժ nicht
verwendet worden waren, so sah man doch in der Annahme des Antrages von CDU/CSU,
SPD, FDP und GrթԹԶne/BթԹԶndnis 90 die Verurteilung von staatlich gelenktem Unrecht, da der
Bundestag die Taten der jungtթԹԶrkischen Regierung des Osmanischen Reiches, die zur fast
vollstթԹ)ndigen Vernichtung der Armenier in Anatolien gefթԹԶhrt haben, beklagte.
Nach der neuesten Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der Partei DieLinke.
drթԹ)ngt sich bei uns Armeniern jedoch der Verdacht auf, dass man bereits seinerzeit gewisse
Begrifflichkeiten vermieden hat, um sich einen Notausgang offen zu halten. Man erfreute die
Armenier, ohne die tթԹԶrkische Regierung oder die hier lebenden tթԹԶrkischen Migranten allzu
sehr zu verթԹ)rgern. Man sprach sogar fթԹԶr eine Untersuchungskommission, die die
Geschehnisse prթԹԶfen und neu bewerten sollte, aus. Ganz im Sinne der tթԹԶrkischen Regierung,
also der Rechtsnachfolgerin der TթԹ)ter.
Die Bundesregierung lթԹ)sst sich in ihrer aktuellen Stellungnahme (BT-Drs. 17/687 vom
10.02.2010) vorschnell dazu verleiten, die zivilen Aktionen bezթԹԶglich der Aufarbeitung der
Geschichte in der TթԹԶrkei gutzuheiթժԴen. Sie blendet die eigentliche Zielrichtung der Fragen aus
und ignoriert, dass es dem Fragesteller um die MaթժԴnahmen zur Anerkennung eines
bestimmten VթԹԳlkermordes geht. Vielmehr թԹ)uթժԴert sie sich թԹԶber die aktuelle Lage der TթԹԶrkei in
Bezug auf Reform- und Demokratisierungsprozesses und betont, dass sich die
Bundesregierung fթԹԶr eine Verbesserung der Situation in der TթԹԶrkei einsetze.
Es geht den Fragestellern ebenso wie der den Armeniern, als Betroffene dieser
geschichtlichen Ereignisse, nicht um eine Verbesserung der Situation in der TթԹԶrkei, es geht
v.a. um Anerkennung einer Straftat und der Herstellung der WթԹԶrde seiner Verstorbenen.
AusdrթԹԶcklich gelobt wird die Internet-Petition, die eine knapp formulierte Entschuldigung
beinhaltet, in welcher der Begriff թ§Չ-ժԷVթԹԳlkermordթ§Չ-ժ, ganz im Sinne der tթԹԶrkischen Regierung
vermieden wird.
Recep Tayyip Erdogans scheinbare Ablehnung der Kampagne diente der Wahrung einer
Kulisse, wթԹ)hrend er sich im klaren darթԹԶber war, dass die Unterschriften-Aktion das positive
Image einer demokratischen, offenen TթԹԶrkei untermalte. Der tթԹԶrkische Machtapparat
spendete keinen Trost, թԹԶbernahm keine Verantwortung, sondern bereicherte sich ein
weiteres Mal an dem Leid der Opfer. Die Aktion, die scheinbar den Nachkommen der Opfer
galt, entpuppte sich als trojanisches Pferd.
Ein weiteres Beispiel fթԹԶr eine scheinbare Verbesserung der Bereitschaft sich der eigenen
Geschichte zu stellen ist der des Artikel 301 des tթԹԶrkischen Strafgesetzbuches. Die թՉnderung
des Artikels wird in der Antwort der Bundesregierung ebenfalls unbedacht positiv beurteilt.
Inwieweit ist die geringfթԹԶgige թՉnderung des Strafrahmens von Bedeutung, wenn der
Straftatbestand an sich unverթԹ)ndert existiert und weiterhin im Widerspruch zu Art. 10 der
europթԹ)ischen Menschenrechtskonvention steht?
Die Antwort der Bundesregierung թԹԶbersieht, dass die Grundrechte einer prinzipiellen
BeschrթԹ)nkung unterliegen und allesamt unter dem faktischen Vorbehalt, dass die Familie,
das Land, das TթԹԶrkentum nicht beschթԹ)digt werden, gelten. Diesen nationalistischen
Grundgedanken mթԹԳchte kein MandatstrթԹ)ger der TթԹԶrkei antasten.
DarթԹԶber hinaus mussten wir erfahren, dass die Bundesregierung ein Projekt des Instituts fթԹԶr
internationale Zusammenarbeit des deutschen Volkshochschulverbandes (dvv-international)
finanziell unterstթԹԶtze, in dessen Rahmen Studenten zusammenkթԹ)men und sich mit der
Aufarbeitung der gemeinsamen Geschichte auseinandersetzen.
Dass sich einzelne aus der ZivilbevթԹԳlkerung entschuldigen, ist nicht gleichzusetzen mit der
Anerkennung des VթԹԳlkermordes durch die Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches, der
heutigen TթԹԶrkei. թժbersieht die Bundesregierung hier tatsթԹ)chlich, dass die Anerkennung eines
Genozids nicht vorrangig eine Angelegenheit der ZivilbevթԹԳlkerung, geschweige den eine von
Studenten ist? Hier sollte die tթԹԶrkische Regierung gefordert werden vorrangig zur Tat zu
schreiten!
Tragisch endet die Stellungnahme der Bundesregierung mit den Worten, die Aufarbeitung
der Ereignisse von 1915 / 16 sei in erster Linie Sache der beiden betroffenen LթԹ)nder. Sollen
demnach die Nachkommen der TթԹ)ter und Opfer selbst ihr eigenes Problem lթԹԳsen?
Interessiert sich die Bundesregierung lediglich fթԹԶr die AnnթԹ)herung dieser Staaten aufgrund
der unterzeichneten Protokolle թ§Չ-Չ selbst wenn in diesem Projekt einer der Beteiligten den
Preis der VerhթԹԳhnung der 1,5 Millionen Opfer zahlen mթԹԶsste?
Im Gegensatz zur Bundestags-Drucksache 15/5689 aus dem Jahre 2005 թԹԶbersieht Frau
Cornelia Pieper, dass das Deutsche Reich im Ersten Weltkrieg mit der jungtթԹԶrkischen
Regierung verbթԹԶndet war, dass deutsche Offiziere und GenerթԹ)le im Osmanischen Heer
dienten und, dass Berlin zum schweigenden Komplizen wurde. Auf die Berichte seines
empթԹԳrten Botschafters in Istanbul antwortete der deutsche Reichskanzler Bethmann-
Hollweg: “Unser einziges Ziel war, die TթԹԶrkei bis zum Ende des Krieges an unserer Seite zu
halten, gleichgթԹԶltig, ob darթԹԶber Armenier zugrunde gingen oder nicht.”
Die Anerkennung des VթԹԳlkermordes unter expliziter Verwendung dieses juristischen
Begriffes ist eben nicht allein Sache des tթԹԶrkischen und armenischen Staates. HթԹ)tte jemand
sich nach Ende des Dritten Reiches gewagt eine թԹ)hnliche Empfehlung wie Frau Cornelia
Pieper auszusprechen?
Wir sollen թԹԶber unsere Verstorbenen hinwegsehen, damit wir alle unseren Beitrag zum
Frieden leisten. Ein Frieden wթԹ)re jedoch eher mթԹԳglich, wenn die Rechtsnachfolgerin des
Osmanischen Reiches endlich EhrgefթԹԶhl zeigen und zu ihrer Geschichte stehen wթԹԶrde.
Die FaktizitթԹ)t des VթԹԳlkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich darf nicht zum
Spielball verschiedenster politischer Interessen gemacht werden. Es ist von einem թ§Չ-Չ
allgemein bekannten թ§Չ-Չ internationalen Konsens թԹԶber die TatsթԹ)chlichkeit des Genozids
auszugehen. KlթԹ)rungsbedarf existiert nicht.
Die JungtթԹԶrken des Osmanischen Reiches tթԹԳteten Mitglieder der religiթԹԳs-ethnischen Gruppe
der Armenier in der Absicht, diese religiթԹԳs-ethnische Gruppe als solche zu vernichten.
Armenier des osmanischen Reiches haben damit ohne persթԹԳnliche Schuld allein aufgrund
ihrer Abstammung durch staatlich organisierte und gelenkte GewaltmaթժԴnahmen auf
grausame Weise ihr Leben verloren. Die Geschehnisse im Osmanischen Reich sind, durch
ErfթԹԶllung sթԹ)mtlicher թ§Չ-Չ lediglich alternativ gesetzter թ§Չ-Չ Voraussetzungen des Art. II der UNVթԹԳlkermordkonvention
vom 18. Dezember 1948, juristisch unstreitig als VթԹԳlkermord zu
qualifizieren.
Dokumente aus dem politischen Archiv des AuswթԹ)rtigen Amtes des Deutschen Reiches, aus
den Archiven թՉsterreich-Ungarns, aus dem Nationalarchiv der USA, Augenzeugenberichte
von im Osmanischen Reich tթԹ)tigen Missionaren, Video-Zeugnisse von թժberlebenden,
NachkriegsbestթԹ)nde des armenischen Patriarchats von Konstantinopel, aber auch
osmanische Quellen, wie z.B. im amtlichen Gesetzblatt des Osmanischen Reiches gedruckte
Protokolle der Istanbuler Prozesse, Sitzungsprotokolle des osmanischen Parlamentes,
Berichte der postjungtթԹԶrkischen parlamentarischen Untersuchungskommission und der
sogenannten Mazhar-Kommission sowie alte osmanische Zeitungen, beschreiben, was in den
einzelnen Provinzen des Osmanischen Reiches geschah.
Diese Dokumente belegen v.a., dass die Ittihad-Partei die Kader fթԹԶr die Vernichtung stellte,
deren technische DurchfթԹԶhrung der sogenannten Sonderorganisation թԹԶbertragen wurde,
einer SS-artigen Formation, die թԹԶber Mordkommandos gebot, denen Gendarmen der
Provinzpolizei, aber auch StrafhթԹ)ftlinge angehթԹԳrten, die der Staat mit der Lizenz zum TթԹԳten
vorzeitig aus der Haft entlassen hatte.
In einer Reihe von Prozessen, die gegen fթԹԶhrende tթԹԶrkische Politiker angestrengt worden
waren, mit dem Ziel, den VթԹԳlkermord an den Armeniern wթԹ)hrend des Ersten Weltkrieges zu
untersuchen und die Verantwortlichen zu bestrafen, wurde bereits 1919/20 vor dem
Kriegsgericht in Istanbul der juristische Nachweis der staatlichen Planung und Organisation
der Vernichtung eines gesamten Volkes, erbracht. Diese Istanbuler – Prozesse kamen durch
Druck der alliierten MթԹ)chte zustande, die damit einen ersten Schritt unternahmen,
Menschenrechtsprinzipien mit Hilfe einer internationalen Strafgerichtsbarkeit zur Geltung zu
verhelfen.
Seit 1965 haben թԹԶber 21 Staaten, das EuropթԹ)ische Parlament, der Europarat, die durch den
osmanischen Staat begangenen Deportationen und Massaker der Jahre 1915թ§Չ-Չ1917 offiziell
als Genozid entsprechend der UN-VթԹԳlkermordkonvention von 1948 als historische Tatsache
anerkannt und verurteilt.
Die Taten sind daher nicht von einer Historikerkommission zu untersuchen, sondern von der
internationalen Gemeinschaft, aber im Besonderen von der Rechtsnachfolgerin des
Osmanischen Reiches, der heutigen TթԹԶrkei, durch Anerkennung zu verurteilen. Gleiches gilt
fթԹԶr den damaligen VerbթԹԶndeten des Osmanischen Reiches bzw. dessen Rechtsnachfolger,
die heutige Bundesrepublik Deutschland.
Spricht sich die Bundesregierung in Einklang mit Ankara fթԹԶr die Notwendigkeit einer
Untersuchungskommission aus, stellt sie das Leid der armenischen BevթԹԳlkerung als
fragwթԹԶrdig, gar unglaubhaft dar.
Mit dem Ruf nach einer historischen Untersuchung wird der wichtigste Aspekt
stillschweigend, fast unbemerkt unterschlagen: Die Frage, ob besagte թժbergriffe und
Massaker im Osmanischen Reich als VթԹԳlkermord, und damit als Straftat nach
internationalem Recht zu beurteilen sind, ist definitiv keine historische mehr. Durch die
Parlamente und Regierungen der internationalen Gemeinschaft ist lediglich unter
Anwendung juristischer Arbeitsmethoden festzustellen, dass die vorgeworfenen Handlungen
den Straftatbestand des Art. II der UN-թժbereinkommens von 18. Dezember 1948 erfթԹԶllen.
Nun ist die Bundesrepublik Deutschland aufgefordert sich dieser Aufgabe zu stellen – aus
Respekt vor der eigenen Vergangenheit und den Menschenrechten, vor allem aber auch
unabhթԹ)ngig von politischen ZweckmթԹ)թժԴigkeiten.
SchlieթժԴlich erweckt die TթԹԶrkei mit ihrer Forderung nach einer unabhթԹ)ngigen Kommission
nicht wirklich den Eindruck der Aufrichtigkeit: Ein Premierminister, der durchgreifend die
FaktizitթԹ)t des Genozids bestreitet, kann keine Untersuchungskommission befթԹԶrworten,
deren Untersuchungsergebnis seiner Genozid-Diplomatie die Grundlage nimmt.
Die UnseriթԹԳsitթԹ)t der tթԹԶrkischen BemթԹԶhungen zur Aufarbeitung der eigenen Geschichte zeigt
auch das tragische Schicksal des armenischen Journalisten Hrant Dink. Dink hat sich fթԹԶr
VersթԹԳhnung eingesetzt. Ihm ging es nicht um eine Schuldzuweisung, sondern um die ehrliche
Aufarbeitung der Geschehnisse, um den in der heutigen TթԹԶrkei lebenden Gemeinschaften
von TթԹԶrken und Armeniern eine VersթԹԳhnung zu ermթԹԳglichen. Seine Leistungen wurden mit
dem Tod bestraft.
Die schleppenden Ermittlungen staatlichen BehթԹԳrden zeigten auf, dass nationalistische
KrթԹ)fte und Teile des MilitթԹ)rs hinter dem jugendlichen MթԹԳrder des Journalisten standen. Die
BefթԹԶrchtung, dass rechtskrթԹ)ftige Verurteilungen auf sich warten lassen werden, drթԹ)ngt sich
auf.
Dass die von der tթԹԶrkischen Regierung bevorzugte Historikerkommission nur eine einzige
Aufgabe haben kann, nթԹ)mlich die scheinbare Widerlegung vorliegender Beweise, um der
Leugnung eine Rechtfertigung zu verschaffen, ist offensichtlich.
Die TթԹԶrkei zieht ihr Botschafter zurթԹԶck, sobald ein unabhթԹ)ngiger Staat sich wagt, mit der sog.
Armenier-Frage zu beschթԹ)ftigen. MinisterprթԹ)sident Recep Tayyip Erdogan sagt
Staatsbesuche ab und erklթԹ)rt թԹԳffentlich, er kթԹԳnne armenische BթԹԶrger aufgrund mangelnder
Aufenthaltserlaubnis deportieren.
SelbstverstթԹ)ndlich wird sich der Premierminister der TթԹԶrkei nicht wagen, diese Drohung zu
verwirklichen. Auch sind die von Erdogan genannten Zahlen von 100.000 illegalen Armeniern
alles andere als richtig.
Ziel dieser DrohgebթԹ)rde ist jedoch nicht ihre Realisierung, sondern Agitation und
Propaganda, v.a. im eigenen Land. Solche rassistischen, anti-armenischen թՉuթժԴerungen
machen alle in der TթԹԶrkei lebenden Armenier, unabhթԹ)ngig ihrer StaatsangehթԹԳrigkeit, zur
Zielscheibe. Die Botschaft lautet: Das TթԹԶrkentum lթԹ)sst sich nicht kritisieren und kommt
seinen Kritikern zuvor! Hiermit nթԹ)hrt der Premierminister eines Staates nationalistische
Stimmen seines Landes und zeigt alles andere als VersթԹԳhnungsabsichten.
Die IllegalitթԹ)t des Aufenthaltes vermag die rassistische թՉuթժԴerung des Premierministers nicht
zu rechtfertigen. Wollte die TթԹԶrkei tatsթԹ)chlich gegen illegale Einwanderung vorgehen, und
auf den positiv թԹԳkonomischen Effekt einer billigen und rechtlosen Arbeiterschaft verzichten,
so dթԹԶrfte sie ihre MaթժԴnahmen nicht an der Ethnie einer einzigen Gruppe festmachen. Sie
mթԹԶsste MaթժԴnahmen ergreifen, die sich allein nach der IllegalitթԹ)t der Einwanderung richten,
unabhթԹ)ngig von der Herkunft des Betroffenen.
Dass ein Premierminister, dessen StaatsbթԹԶrger in Millionen als FlթԹԶchtlinge und Migranten in
EuropթԹ)ischen LթԹ)ndern leben, und dessen Staat eine Mitgliedschaft in der EuropթԹ)ischen
Union anstrebt, sich unverhohlen rassistisch թԹ)uթժԴern darf, ist erschreckend.
Die Systematik der tթԹԶrkischen Genozid-Diplomatie zeigt sich auch bei dem tթԹԶrkischen
AuթժԴenminister Ahmet Davutoglu. Dieser droht ungeniert, Versuche der internationalen
Gemeinschaft die Geschehnisse als VթԹԳlkermord zu qualifizieren, kթԹԳnnten den sog.
VersթԹԳhnungsprozess behindern.
Wieso darf Ankara die Voraussetzungen fթԹԶr die VersթԹԳhnungen bestimmen und fordern, dass
nicht nur Armenien und andere Staaten der internationalen Gemeinschaft von dem
Standpunkt des Genozides abrթԹԶcken? Ist das Anlegen eines Maulkorbes der tթԹԶrkische Beitrag
zur VersթԹԳhnung? Seit wann hթԹ)ngt die Beurteilung geschichtlicher Ereignisse von der
politischen BekթԹԳmmlichkeit der Gegenwart ab?
Wieso setzt die TթԹԶrkei fթԹԶr die Normalisierung der VerhթԹ)ltnisse voraus, dass sich Armenien
aus Berg-Karabach zurթԹԶckzieht? Sie hat es sich zur Doktrin gemacht im Berg-Karabach-
Konflikt auf der Seite Aserbaidschans zu stehen. Unter dem Vorwand, die VersթԹԳhnung mit
Armenien anzustreben, mischt sie sich in fremde Konflikte und behindert selbst jeden
Versuch einer VersթԹԳhnung.
Wieso wird ein iranischer PrթԹ)sident fթԹԶr den Ruf nach einer Historikerkommission, wenn auch
zu recht, auf schթԹ)rfste verurteilt, wթԹ)hrend der tթԹԶrkische Premier und seine Minister fթԹԶr die
gleiche Forderung gelobt werden. Dass die TթԹԶrkei derzeit versucht sich als Vermittler
zwischen der westlichen und der islamischen Welt verdient zu machen, darf als BegrթԹԶndung
fթԹԶr diese Ungleichbehandlung nicht ausreichen.
Seit wann darf der Nachkomme des TթԹ)ters die Bedingungen seiner bevorstehenden
Verhandlung durch geopolitische ZweckmթԹ)թժԴigkeiten diktieren? WթԹ)re der Holocaust an den
Juden im Dritten Reich kein VթԹԳlkermord, wenn Deutschland nach und trotz dieser Ereignisse
strategisch von besonderer Bedeutung gewesen wթԹ)re? HթԹ)tte man eine VersթԹԳhnung ohne
Anerkennung einer Schuld erreichen kթԹԳnnen?
Ein Vertragspartner, der im Nachhinein Bedingungen setzt, um seiner vertraglichen
Verpflichtung zu entgehen, der sich propagandistischer թՉuթժԴerungen bedient, um seinem
eigenen Volk gegenթԹԶber StթԹ)rke zu demonstrieren, verspielt die Chance auf eine
vertrauensvolle, internationale Zusammenarbeit.
Ein Premier, der in Ankara am 19.03.2010, թԹԳffentlich erklթԹ)rt, der bevorstehende 95.
Jahrestag sei der Jahrestag einer der wenigen Siege des tթԹԶrkische MilitթԹ)rs im ersten
Weltkrieg, muss թԹԳffentlich verurteilt werden.
Die leidvolle Geschichte des armenischen Volkes wird zum Spielball der Nationen, die eine
verfթԹ)ngliche VersթԹԳhnung anstreben. Unverzichtbare Voraussetzung einer VersթԹԳhnung ist
Anerkennung von Schuld, die Anerkennung der FaktizitթԹ)t. Erst dann besteht eine
Verhandlungsgrundlage fթԹԶr eine echte VersթԹԳhnung.
Die Gedenkkultur hat einen unschթԹ)tzbaren Wert in Europa. Die Bundesregierung sollte
tunlichst vermeiden ein so wertvolles Gut feilzubieten.
Wir rufen die Bundesregierung und den Bundestag auf, das wichtigste Anliegen der
armenischen Diaspora in Deutschland mit 60.000 Mitgliedern ernst zu nehmen.
Wir fordern von Bundesregierung und Bundestag, den Genozid an den Armeniern aufrichtig
anzuerkennen.
Wir rufen die Bundesregierung und den Bundestag aber auch auf, die TթԹԶrkei թԹԳffentlich
auffordern, den an der armenischen BevթԹԳlkerung des Osmanischen Reiches verթԹԶbten
Genozid als historische Tatsache anzuerkennen und die Dinge beim Namen zu nennen.
Mit freundlichen GrթԹԶթժԴen
Dr. Raffi Bedikian
Assembly of Armenians of Europe
15.04.2010
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