UNERWթƒժ“NSCHTE ERINNERUNG թ§Չ‚-Չ€œ GELEUGNETE GESCHICHTE: DER VթƒՉ€“LKERMORD AN DEN ARMENIERN

Seit der Untat von 1915, derer wir heute gedenken, hat sich immer wieder aufs Neue gezeigt, dass VթƒԹԳlkermorde planmթƒԹ)թƒժԴig und kaltblթƒԹԶtig in Szene gesetzt sind, dass sie Ergebnis systematischer Planung sind, und auch die Handlungsmuster sind gelթƒԹ)ufig. Schuldzuweisung an eine ethnische, religiթƒԹԳse, kulturelle Minderheit, ihre Verfolgung unter dem Vorwand, die Mehrheit sei provoziert worden, macht in der Regel den Anfang. Es folgt die թ§Չ‚-ժԷpolitische LթƒԹԳsungթ§Չ‚-Թ, die als թ§Չ‚-ժԷethnische SթƒԹ)uberungթ§Չ‚-Թ, als Umsiedlung, als friedensstiftende MaթƒժԴnahme verkթƒԹԶndet und in den Formen von Vertreibung, Raub und Mord praktiziert wird. Die AblթƒԹ)ufe und ZusammenhթƒԹ)nge darzustellen ist spթƒԹ)ter die Obliegenheit der Historiker. Aber das akademische Interesse kann nicht Selbstzweck sein. Das Ergebnis historischer Forschung geht alle an, nicht zuletzt die Politiker, die Verantwortung fթƒԹԶr den թƒԹ)uթƒժԴeren und inneren Frieden der Nationen tragen. թƒՉ€“ffentliche Erinnerung ist Teil der politischen Kultur zivilisierter Gesellschaften. Dazu gehթƒԹԳrt aber auch das Erinnern an unselige Ereignisse, dazu gehթƒԹԳrt das EingestթƒԹ)ndnis historischer Schuld.

Die Nachfolger des lթƒԹ)ngst vergangenen Osmanischen Reiches verweigern dieses EingestթƒԹ)ndnis bis zum heutigen Tag. In unverstթƒԹ)ndlicher Aufwallung nationaler Leidenschaft reagierte die tթƒԹԶrkische Regierung, aber auch die mediale թƒՉ€“ffentlichkeit, darauf, dass das franzթƒԹԳsische Parlament in einem spթƒԹ)ten legislativen Akt die Anerkennung des VթƒԹԳlkermords an den Armeniern beschlossen hat. Das war die Feststellung einer historischen Tatsache, nicht mehr. Darauf grթƒԹԶnden sich keine rechtlichen Forderungen, es ergeben sich auch keine drohenden Nachteile fթƒԹԶr die TթƒԹԶrkei. Es war ein symbolischer Akt der Gerechtigkeit und der Anerkennung gegenթƒԹԶber den Armeniern franzթƒԹԳsischer NationalitթƒԹ)t. Und es war ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein der Parlamentarier gegenթƒԹԶber geschichtlicher Erkenntnis.

Aber die TթƒԹԶrkei hat reagiert, als sei ihr der Krieg erklթƒԹ)rt worden. Politik und Medien gebթƒԹ)rdeten sich, um Geschichte zu leugnen, als seien sie existentiell bedroht. Das tթƒԹԶrkische AufbթƒԹ)umen gegen die historische RealitթƒԹ)t erinnert an die Emotionen in Deutschland, mit denen nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg RealitթƒԹ)t verweigert und nationalistischer Wahn glorifiziert wurde. Das waren թƒԹԶbrigens auch Hinweise auf mangelndes Selbstbewusstsein.

Zur Selbstgerechtigkeit gibt es in Deutschland und թƒՉ€“sterreich keinen Grund. Dem verbթƒԹԶndeten Osmanischen Reich ist die kaiserliche deutsche Regierung seinerzeit trotz vorhandenen Unbehagens genau so wenig wie die Regierung թƒՉ€“sterreich-Ungarns nicht in den Arm gefallen, das Wissen թƒԹԶber den VթƒԹԳlkermord wurde militթƒԹ)rischen und bթƒԹԶndnisstrategischen ErwթƒԹ)gungen nachgeordnet. SpթƒԹ)ter, in den 20er Jahren, konnte aber keiner behaupten, er habe nichts gewusst. Es gab Publizisten und Literaten, die թƒԹԳffentlich in Wort und Schrift den VթƒԹԳlkermord zum Thema machten. Armin T. Wegner, der expressionistische Schriftsteller, der als deutscher SanitթƒԹ)tssoldat Augenzeuge der Massaker geworden war, bemթƒԹԶhte sich um AufklթƒԹ)rung. Ein Vortrag, den er im MթƒԹ)rz 1919 in Berlin hielt, endete in Tumult und hatte deshalb reichlich PublizitթƒԹ)t.

Eine Sensation war dann nicht nur das Attentat des jungen Armeniers Soromon Tehlerjan (Salomon Teilirian) auf einen der Hauptschuldigen des VթƒԹԳlkermords, auf den ehemaligen Innenminister des osmanischen Reiches, Talaat Pascha, im MթƒԹ)rz 1921 in Berlin auf der HardenbergstraթƒժԴe. Die zweite Sensation war der Freispruch des gestթƒԹ)ndigen AttentթƒԹ)ters nach zweitթƒԹ)giger Verhandlung im Juni 1921 vor dem Schwurgericht des Landgerichts III zu Berlin. Es war eine Sternstunde der Justiz, mթƒԹԳglicherweise eine Sternstunde irdischer Gerechtigkeit, dass der gestթƒԹ)ndige, durch den VթƒԹԳlkermord persթƒԹԳnlich traumatisierte Soromon Tehlerjan freigesprochen wurde. Die sorgfթƒԹ)ltige Beweisaufnahme des Gerichts hat auթƒժԴerdem jeden Zweifel an der RealitթƒԹ)t des Genozids, an seiner Planung und DurchfթƒԹԶhrung ausgerթƒԹ)umt.

Zur PhթƒԹ)nomenologie des VթƒԹԳlkermords gehթƒԹԳrt seine թƒՉ€“ffentlichkeit und die gleichzeitige Teilnahmslosigkeit der Nicht-Betroffenen. Der Genozid an den Armeniern geschah, wie nur zweieinhalb Jahrzehnte danach der Holocaust, unter den Augen der Welt. Der amerikanische Konsul im ostanatolischen Harpet berichtete nach Washington, was er bei Inspektionsreisen in seinem Amtsbezirk im Herbst 1915 beobachtet hatte: թ§Չ‚-ժԷWir schթƒԹ)tzen, dass wir wթƒԹ)hrend unserer Rundreise um den GթƒԹԳljuk-See binnen 24 Stunden die sterblichen թƒժ“berreste von mehr als 10.000 ermordeten Armeniern gesehen haben. Dabei handelt es sich natթƒԹԶrlich um SchթƒԹ)tzungen, denn von manchen waren nur noch Skelette թƒԹԶbrig, in anderen FթƒԹ)llen fanden wir aufgeblթƒԹ)hte, stinkende KթƒԹԳrper von Menschen, die wohl erst vor einigen Tagen getթƒԹԳtet worden warenթ§Չ‚-Թ» Immer entdeckte ich bei meinen Reisen im Gebiet des GթƒԹԳljuk-Sees Skelette oder Knochen – erst kթƒԹԶrzlich wieder, einige Wochen vor meiner Abreise aus Harpet.թ§Չ‚-Թ

Im Vergleich mit dem VթƒԹԳlkermord, den das nationalsozialistische Deutschland gegen die Juden plante und durchfթƒԹԶhrte, machte sich die Regierung des osmanischen Reiches im Herbst 1915 wenig MթƒԹԶhe, ihre Absichten zu verschleiern. Dokumente, die das beweisen, gibt es genug. In Erlassen an nachgeordnete BehթƒԹԳrden fթƒԹԶhrte der Innenminister eine offene Sprache. Am 15. September 1915 verfթƒԹԶgte er: թ§Չ‚-ժԷEs ist bereits mitgeteilt worden, dass die Regierung beschlossen hat, alle Armenier, die in der TթƒԹԶrkei wohnen, gթƒԹ)nzlich auszurotten. Diejenigen, die sich diesem Befehl und diesem Beschluss widersetzen, verlieren ihre StaatsangehթƒԹԳrigkeit. Ohne RթƒԹԶcksicht auf Frauen, Kinder und Kranke, so tragisch die Mittel der Ausrottung auch sein mթƒԹԳgen, ist, ohne auf die GefթƒԹԶhle des Gewissens zu hթƒԹԳren, ihrem Dasein ein Ende zu machen.թ§Չ‚-Թ

Am 23. November 1915 ergeht die ultimative Weisung an die PrթƒԹ)fektur von Aleppo: թ§Չ‚-ժԷRotten Sie mit geheimen Mitteln jeden Armenier der թƒԹԳstlichen Provinzen aus, den Sie in Ihrem Gebiete finden sollten.թ§Չ‚-Թ, und am 1. Dezember erreicht den PrթƒԹ)fekten in Aleppo wieder eine chiffrierte Depesche des Innenministers, in der mangelnder Verfolgungseifer bei der թ§Չ‚-ժԷAusrottung der fraglichen Personenթ§Չ‚-Թ gerթƒԹԶgt und noch einmal klargestellt wurde, worum es ging: թ§Չ‚-ժԷDer Ort der Verbannung derartiger Unruhestifter ist das Nichtsթ§Չ‚-Թ. An Deutlichkeit lieթƒժԴ auch die Mitteilung vom 15. Januar 1916 nichts zu wթƒԹԶnschen թƒԹԶbrig: թ§Չ‚-ժԷWir erfahren, dass man in die an gewissen Orten erթƒԹԳffneten WaisenhթƒԹ)user auch die Kinder der bekannten Personen aufnimmt. Da die Regierung deren Dasein fթƒԹԶr schթƒԹ)dlich hթƒԹ)lt, so heiթƒժԴt es den WթƒԹԶnschen der Regierung zuwiderhandeln, wenn man diese Kinder ernթƒԹ)hrt und ihr Leben verlթƒԹ)ngert, als ob man Mitleid mit ihnen haben dթƒԹԶrfte; sei es, dass man den wahrhaften Zweck nicht begreift, sei es, dass man ihn nicht beachtetթ§Չ‚-Թ. Und ein letztes Beispiel an regierungsamtlichem Klartext, das in der Argumentation an BegrթƒԹԶndungen denken lթƒԹ)sst, wie sie die nationalsozialistische Ideologie eines rassistischen թ§Չ‚-ժԷRechts des StթƒԹ)rkerenթ§Չ‚-Թ Jahrzehnte spթƒԹ)ter verwendete: թ§Չ‚-ժԷZu einer Zeit, wo Tausende von muselmanischen Auswanderern und Kriegerwitwen des Schutzes und der Nahrung bedթƒԹԶrfen, ist es nicht angթƒԹ)ngig, Geld auszugeben, um die Kinder der bekannten Personen zu ernթƒԹ)hren, die in der Zukunft zu nichts anderem dienen werden, als gefթƒԹ)hrlich zu sein.թ§Չ‚-Թ

WթƒԹ)hrend des Ersten Weltkriegs, unter Zensur, wurde in Deutschland und թƒՉ€“sterreich das Wissen amtlicher Stellen geheimgehalten und aus StaatsrթƒԹ)son der թƒՉ€“ffentlichkeit gegenթƒԹԶber unterdrթƒԹԶckt. Die Pressekonferenz der kaiserlichen deutschen Regierung am 7. Oktober 1915 hing den Journalisten einen Maulkorb um und sorgte fթƒԹԶr die Sprachregelung: թ§Չ‚-ժԷթƒժ“ber die Armeniergreuel ist folgendes zu sagen: Unsere freundschaftlichen Beziehungen zur TթƒԹԶrkei dթƒԹԶrfen durch diese innertթƒԹԶrkische Verwaltungsangelegenheit nicht nur nicht gefթƒԹ)hrdet, sondern im gegenwթƒԹ)rtigen, schwierigen Augenblick nicht einmal geprթƒԹԶft werden. Deshalb ist es einstweilen Pflicht zu schweigen. SpթƒԹ)ter, wenn direkte Angriffe des Auslandes wegen deutscher Mitschuld erfolgen sollten, muթƒժԴ man die Sache mit grթƒԹԳթƒժԴter Vorsicht und ZurթƒԹԶckhaltung behandeln und spթƒԹ)ter vorgeben, dass die TթƒԹԶrken schwer von den Armeniern gereizt wurden.թ§Չ‚-Թ Zweieinhalb Monate spթƒԹ)ter, am 23. Dezember 1915, wurden die Journalisten angewiesen: թ§Չ‚-ժԷթƒժ“ber die armenische Frage wird am besten geschwiegen. Besonders lթƒԹԳblich ist das Verhalten der tթƒԹԶrkischen Machthaber in dieser Frage nicht!թ§Չ‚-Թ

Den VerbթƒԹԶndeten der TթƒԹԶrkei war der Genozid also kein Geheimnis. Im Mai 1915 hatte der deutsche Botschafter in Istanbul offiziell erfahren, dass eine թ§Չ‚-ժԷUmsiedlungթ§Չ‚-Թ armenischer Familien nach Mesopotamien geplant war, im Juni berichtet er dem AuswթƒԹ)rtigen Amt nach Berlin, der tթƒԹԶrkische Innenminister habe sich թ§Չ‚-ժԷdahin ausgesprochen, dass die Pforte den Weltkrieg dazu benutzen wollte, um mit ihren inneren Feinden (den einheimischen Christen) grթƒԹԶndlich aufzurթƒԹ)umen, ohne dabei durch die diplomatische Intervention des Auslandes gestթƒԹԳrt zu werdenթ§Չ‚-Թ, und am 7. Juli 1915 berichtete die deutsche Vertretung թ§Չ‚-ժԷdie Art der Umsiedlung zeige, dass die Regierung tatsթƒԹ)chlich den Zweck verfolgt, die armenische Rasse im tթƒԹԶrkischen Reiche zu vernichtenթ§Չ‚-Թ.

An թƒԹԳffentlich zugթƒԹ)nglichen Quellen թƒԹԶber den VթƒԹԳlkermord, an amtlichen Akten herrscht ebenso wenig Mangel wie an Augenzeugenberichten, von թƒժ“berlebenden wie von auslթƒԹ)ndischen Beobachtern. Die Tatsache des VթƒԹԳlkermords am armenischen Volk steht auթƒժԴer jedem Zweifel. Sowohl die Evidenz des Geschehens im einzelnen wie dessen Dimension, eine und eine halbe Million Tote, unendliche Grausamkeit gegen die Opfer, Sadismus, Freude an der Qual und am Untergang der Todgeweihten – dies alles ist belegt und gesichert.

In der Gewissheit, dass es keine թƒժ“berlebenden geben werde, erzթƒԹ)hlten die Wach- und Begleitmannschaften ihren Opfern, was bereits geschehen war, welche Intentionen bestanden, welches Ziel der Genozid haben sollte. Auf die Frage eines armenischen Geistlichen, der geglaubt hatte, nur MթƒԹ)nner seien Objekte des Mordens, erklթƒԹ)rte ihm der tթƒԹԶrkische Gendarmeriehauptmann, wenn man nur die MթƒԹ)nner totschlage, dann gebe es nach 50 Jahren wieder ein paar Millionen Armenier: թ§Չ‚-ժԷWir mթƒԹԶssen also auch Frauen und Kinder totschlagen, damit fթƒԹԶr immer keine inneren und թƒԹ)uթƒժԴeren Unruhen mehr kommen.թ§Չ‚-Թ

Der VթƒԹԳlkermord an den Armeniern ist seit einiger Zeit ein Thema der politischen Agenda. Die EuropթƒԹ)ische Gemeinschaft will sich das Reifezeugnis der tթƒԹԶrkischen Nation vorlegen lassen, ehe sie in der Union begrթƒԹԶթƒժԴt werden kann. Das Reifezeugnis kann aber nicht nur in Deklamationen zu den Menschenrechten bestehen oder in der Einstellung des Prozesses gegen einen Schriftsteller, der zu prominent ist, um ihn verurteilen zu kթƒԹԳnnen, weil er թƒԹԶber den Genozid die Wahrheit gesagt hat, es muss auch die Anerkennung der historischen RealitթƒԹ)t, des VթƒԹԳlkermords an den Armeniern zum Gegenstand haben. Es hat mit RթƒԹԶcksicht auf die vielen TթƒԹԶrken in der Bundesrepublik lange gedauert, bis Deutschland dem Vorbild Belgiens, Griechenlands, Schwedens und Frankreichs folgte und den VթƒԹԳlkermord թƒԹԳffentlich anerkannte. Lange war das verweigert worden und die BegrթƒԹԶndung, mit der ein stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion im Februar 2001 das Thema abtat, war grotesk: Nicht die Abgeordneten seien gefragt, hatte er erklթƒԹ)rt, sondern die Historiker. Das ist ein merkwթƒԹԶrdiges VerstթƒԹ)ndnis der Dinge. Historiker haben sich lange und grթƒԹԶndlich mit dem VթƒԹԳlkermord an den Armeniern beschթƒԹ)ftigt, den Sachverhalt beschrieben und die Katastrophe beim Namen genannt: VթƒԹԳlkermord.

Der Deutsche Bundestag hat schlieթƒժԴlich am 21. April 2005 eine Dreiviertelstunde lang թƒԹԶber den Tagesordnungspunkt թ§Չ‚-ժԷGedenken anlթƒԹ)sslich des 90. Jahrestages des Auftakts zu Vertreibungen und Massakern an den Armeniern am 24. April 1915թ§Չ‚-Թա diskutiert. Deutschland mթƒԹԶsse zur VersթƒԹԳhnung zwischen TթƒԹԶrken und Armeniern beitragen, lautete die Absicht. Die Redner waren sachkundig, zeigten sich թƒԹԶber die historischen Ereignisse gut informiert. Die Abgeordneten waren auch sehr zufrieden mit ihrem Tun, spendeten sich fթƒԹԶr den Ernst und die WթƒԹԶrde und die EinmթƒԹԶtigkeit Beifall und verabschiedeten am 16. Juni 2005 einstimmig eine Resolution, die alles zunichte machte. Um den voraussehbaren Ausbruch tթƒԹԶrkischer Paranoia zu verhindern, war nicht vom Genozid die Rede – das ist die geplante, organisierte und ideologisch begrթƒԹԶndete Vernichtung einer ethnischen oder kulturellen Gruppe, eines Volkes – sondern von թ§Չ‚-ժԷVertreibungenթ§Չ‚-Թ und թ§Չ‚-ժԷMassakernթ§Չ‚-Թ. Nur einmal, in der BegrթƒԹԶndung, heiթƒժԴt es distanziert, zahlreiche unabhթƒԹ)ngige Historiker wթƒԹԶrden թ§Չ‚-ժԷdie Vertreibung und Vernichtung der Armenier als VթƒԹԳlkermordթ§Չ‚-Թ bezeichnen. Die TթƒԹԶrken, denen man eine Lektion in Erinnerungskultur erteilen wollte, ohne ihnen durch schmerzliche Wahrheit zu nahe zu treten, haben die Behutsamkeit und den leisen Tritt nicht gedankt. Regierungschef Erdogan թƒԹ)uթƒժԴerte sich beleidigend թƒԹԶber seinen Kollegen in Berlin und dort rumorten tթƒԹԶrkische Patrioten auf der StraթƒժԴe, demonstrierten mit krթƒԹ)ftiger Wallung nationalen GefթƒԹԶhls ihr GeschichtsverstթƒԹ)ndnis.

Zu lernen gibt es auf beiden Seiten noch vieles. Die Politiker mթƒԹԶssen erkennen, dass sprachliche Kosmetik nichts hilft, dass Wut kein Mittel gegen die historische Wahrheit ist. թƒՉ€žrgerlich und kontraproduktiv ist jedenfalls der beliebige Umgang mit Begriffen, die prթƒԹ)zise definierte Sachverhalte beschreiben, die nicht austauschbar sind, die aber politischem KalkթƒԹԶl folgend verwendet werden. Das Massaker ist etwas anderes als der Pogrom, թ§Չ‚-ժԷethnische SթƒԹ)uberungթ§Չ‚-Թ ist nicht das gleiche wie Vertreibung. VթƒԹԳlkermord als organisierter Vernichtungswille einer Intention folgend und nach einem System praktiziert ist HթƒԹԳhepunkt und nicht steigerbare Summe von Exzessen und Massakern, die Deportation oder Austreibung einschlieթƒժԴen und nie auf Zufall oder plթƒԹԳtzlichem Anlass beruhen. Der Genozid wird mit den Methoden des Massakers, der Exekution, des Todesmarsches, der Verelendung im Lager verթƒԹԶbt, er lթƒԹ)sst sich jedoch nicht verharmlosen durch die Reduktion auf eine seiner Methoden.

Die Erinnerung an diesen VթƒԹԳlkermord wurde lange Zeit nur von einigen Literaten, Pazifisten, Engagierten beschworen. FթƒԹԶr die internationale թƒՉ€“ffentlichkeit sank der Genozid an den Armeniern allzu rasch ins Unterbewusste. Politisches KalkթƒԹԶl, Druck und Drohungen erzwangen das Vergessen. Die Existenz der թƒժ“berlebenden und ihrer Nachkommen steht seither unter einem doppelten Trauma, der unverjթƒԹ)hrbaren Last des Erlittenen und der zusթƒԹ)tzlichen BթƒԹԶrde durch die Leugnung, durch das Nichternst-Nehmen und Nichtwahrhabenwollen des Verbrechens. Die Behauptung, dieser Genozid sei nicht geschehen oder so nicht geschehen, wie er von den Opfern erfahren wurde, bedeutet eine zusթƒԹ)tzliche KrթƒԹ)nkung der Erinnerungsgemeinschaft, der damit ihre Wahrnehmung und die Wahrhaftigkeit ihres kollektiven GedթƒԹ)chtnisses abgesprochen wird, der damit auch jede Aussicht auf ErlթƒԹԳsung vom Schmerz genommen ist.

Die historische Wahrheit ist durch Akklamation, Parteinahme oder Kompromissformeln nicht manipulierbar. Sie lթƒԹ)sst sich nur aus authentischen Dokumenten, Berichten, Aussagen, aus den Quellen erschlieթƒժԴen. Das ist im Falle des Genozids an den Armeniern, AramթƒԹ)ern, Syrischen Christen im Osmanischen Reich grթƒԹԶndlich geschehen. Umso rթƒԹ)tselhafter das Unterfangen eines amerikanischen Historikers, ohne neue Quellen nur durch AbwթƒԹ)gen der in der Literatur vertretenen Meinungen und Positionen einen Beitrag zur armenisch-tթƒԹԶrkischen AussթƒԹԳhnung leisten zu wollen. Das Motiv besteht mթƒԹԳglicherweise darin, nur einen einzigen Genozid, den Judenmord, zu kanonisieren. Dieser Historiker kommt jedenfalls zu der Erkenntnis, gemeinsame empirische Studien von Armeniern und TթƒԹԶrken seien fruchtbarer als die Genoziddebatte. Wenn jemand vorschlթƒԹԶge, Holocaustleugner sollten gemeinsam mit den Opfern des Judenmords oder deren Nachkommen empirische Studien թƒԹԶber den Genozid an den Juden treiben, um die Wahrheit herauszufinden, er wթƒԹԶrde UnverstթƒԹ)ndnis erregen.

Die Ermordung der Armenier und anderer christlicher Minderheiten ist auch ein Trauma der TթƒԹԶrkei: Die ZwթƒԹ)nge aus Nationalstolz, der die individuelle Negierung der bթƒԹԳsen Fama gebietet, und Staatsdoktrin, die die kollektive Erinnerung an das Staatsverbrechen untersagt (bzw. nur eine Version zulթƒԹ)sst, die sich auf Schuldumkehr grթƒԹԶndet und die Armenier zu VerrթƒԹ)tern macht, derer man sich erwehren musste), konstellieren den Zwang der Verweigerung. Das erklթƒԹ)rt die reflexartigen Proteste tթƒԹԶrkischer Patrioten und die offiziellen Demarchen der tթƒԹԶrkischen Politik, wenn der Genozid als historisches Faktum konstatiert und seine quantitative Dimension benannt wird. Aber es gibt Hoffnung. Die AnkթƒԹԶndigung einer Gedenkveranstaltung in der TթƒԹԶrkei am heutigen 24. April 2010, initiiert von tթƒԹԶrkischen Intellektuellen, gehթƒԹԳrt dazu. Ebenso die Dokumentation Aghet, die im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Und die Teilnahme von TթƒԹԶrken und Kurden an dieser Gedenkfeier und die bewegende Rede des Vertreters des Friedensrats der TթƒԹԶrkei.

Das Gedenken an den Genozid ist notwendig. Denn zuerst und vor allen anderen sind die Nachkommen der Opfer traumatisiert. Ihnen schuldet die jeweilige Mehrheitsgesellschaft in der Diaspora (ebenso wie die VթƒԹԳlkergemeinschaft dem Staat Armenien) die historische Wahrheit. Das ist nicht mehr als die Feststellung, dass ein VթƒԹԳlkermord geschehen ist, dass Armenier die Opfer waren, dass die Regierung des Osmanischen Reiches den Genozid inszeniert hat, dass auch die VerbթƒԹԶndeten der Osmanen, Deutschland und թƒՉ€“sterreich, davon wussten und die Untat geschehen lieթƒժԴen, dass die Welt davon wusste und die Augen schloss.

Das ist die Wahrheit. Und diese Wahrheit ist das Minimum, das wir den Opfern und ihren Nachkommen schulden.

Prof. Dr. Wolfgang Benz

(Vortrag bei der Gedenkveranstaltung am 24.4.2010 in Hamburg)

armenieninfo.net

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