Wer einen VթԹԳlkermord leugnet, der soll bestraft werden. Das gilt insbesondere fթԹԶr den tթԹԶrkischen Genozid an den Armeniern. Nur dann begreifen es auch die Letzten.
Begreifen diese Leute es wirklich nicht? Oder tun sie nur so, als wթԹԶrden sie es nicht verstehen?
Das Gesetz, das die franzթԹԳsische Nationalversammlung kurz vor Weihnachten verabschiedet hat, stellt die Leugnung von VթԹԳlkermorden unter Strafe. Es ist kein Gesetz, das anstelle der Historiker Geschichte schreibt. Aus guten GrթԹԶnden ist diese Geschichte seit Langem ausgesprochen, geschrieben, ausfթԹԶhrlich dargestellt worden: dass die Armenier ab 1915 Opfer einer systematischen AuslթԹԳschung wurden, weiթժԴ man seit jeher.
Es existiert eine Unmenge von Forschungsliteratur zu dem Thema, die nachdrթԹԶcklich gestթԹԶtzt wird durch sehr frթԹԶh erfolgte GestթԹ)ndnisse tթԹԶrkischer TթԹ)ter wie Hodja Ilyas Sami und anderer. Von Yehuda Bauer zu Raul Hilberg, von Wissenschaftlern in Yad Vashem bis zu Yves Ternon und anderen gibt es kaum einen ernst zu nehmenden Historiker, der diese RealitթԹ)t leugnen oder bezweifeln wթԹԶrde
Anders gesagt: Bei diesem Gesetz geht es nicht um den Willen, eine staatliche Wahrheit festzuschreiben. Keiner der Abgeordneten, die dafթԹԶr gestimmt haben, hat beansprucht, die Historiker und ihre Werke ersetzen zu wollen. Sie beabsichtigen lediglich, an ein einfaches Recht zu erinnern: das Recht eines jeden Einzelnen, nicht թԹԳffentlich geschmթԹ)ht werden zu dթԹԶrfen, und, damit einhergehend, das Recht, EntschթԹ)digung zu beanspruchen fթԹԶr jene besonders beleidigenden Angriffe, welche dem GedթԹ)chtnis der Toten gelten. Es handelt sich hier also um eine Rechtsfrage, nicht um eine historische Frage.
Ein Gesetz, das die Geschichte schթԹԶtzt
Dieses Gesetz als ein freiheitsbeschneidendes Gesetz zu bezeichnen, das die Arbeit von Historikern behindert, ist ein weiteres seltsames Argument, das staunen macht. Bislang sind es eigentlich eher die Leugner der VթԹԳlkermorde, welche die Arbeit der Historiker behindern. Es sind ihre Schrullen, ihre VerrթԹԶcktheiten, ihre FթԹ)lschungen und ihre schwindelerregenden und erschreckenden LթԹԶgen, die den festen Boden erschթԹԶttern, auf dem sich eine Wissenschaft grթԹԶnden sollte.
Und es ist das Gesetz, das die Geschichte schթԹԶtzt und bewahrt, indem es den Leugnern die Sache ein wenig erschwert, sie mit Strafe bedroht und zugleich die թՉffentlichkeit warnt, dass sie es hier nicht mit Experten zu tun hat, sondern mit geistigen Brandstiftern
Armenien am SթԹԶdrand des Kaukasus war schon vor 2500 Jahren als Teil des Perserreiches bekannt. Das KթԹԳnigreich Armenien machte bereits im Jahr 301 das Christentum zur Staatsreligion. Im 14. Jahrhundert eroberten Osmanen das Gebiet und machten es zur Provinz Ermenistan.
Ende des 19. Jahrhunderts lebten im Osmanischen Reich թ§Չ-Չ dem VorlթԹ)uferstaat der TթԹԶrkei թ§Չ-Չ etwa 2,5 Millionen Armenier. Heute ist das Volk թԹԶber die ganze Welt verstreut. Gut drei Millionen Menschen leben in der seit 1991 unabhթԹ)ngigen frթԹԶheren Sowjetrepublik Armenien.
Im Ersten Weltkrieg wurden bis zu 1,8 Millionen Armenier aus Ostanatolien vertrieben. Dies wurde damit begrթԹԶndet, dass Armenier an der Seite des Kriegsgegners Russland stթԹԶnden. Das Deutsche Reich, damals mit den Osmanen verbթԹԶndet, schwieg dazu. Nach Angaben des Zentrums gegen Vertreibungen (Wiesbaden) kamen bei den Deportationen 1915/1916 fast 1,5 Millionen Menschen ums Leben. Die heutige TթԹԶrkei, in der nur noch eine kleine armenische Minderheit lebt, spricht von etwa 200 000 Toten.
Die GrթԹ)ueltaten an den Armeniern wurden von mehr als einem Dutzend Staaten als VթԹԳlkermord gewertet. Dazu gehթԹԳren Frankreich und die Schweiz. Die TթԹԶrkei streitet dagegen den Charakter des Genozids ab. Der Bundestag forderte Ankara 2005 zum offenen Dialog darթԹԶber auf. թ§Չ-ժԷInsgesamt wird das AusmaթժԴ der Massaker und Deportationen in der TթԹԶrkei immer noch verharmlost und weitgehend bestritten”, hieթժԴ es in einer Resolution. Ankara wies das zurթԹԶck, obwohl im Text nicht von թ§Չ-ժԷVթԹԳlkermord”, sondern von թ§Չ-ժԷGrթԹ)ueln” die Rede war.
Quelle: dpa
Gibt es irgendeinen Historiker, der behauptet, Gesetze, welche die Leugnung des Holocaust unter Strafe stellen, wie in Frankreich das թ§Չ-ժԷLoi Gayssotթ§Չ-ժ, hթԹ)tten historische Forschungen թԹԶber die Schoah verhindert? Gibt es irgendeinen Autor, der im Ernst behaupten kթԹԳnnte, dass diese Gesetze seine Forschungsfreiheit und Fragestellungen beschnitten hթԹ)tten? Und ist es nicht klar, dass die Einzigen, die durch solche Gesetze ernsthaft in Verlegenheit gebracht werden, Leute wie Robert Faurisson, David Irving oder Jean-Marie Le Pen sind?
Die Wahrheit, ein weites Feld
Was nun den VթԹԳlkermord an den Armeniern betrifft, verhթԹ)lt es sich genauso. Dieses Gesetz wird, sobald der franzթԹԳsische Senat es ratifiziert hat, ein GlթԹԶck fթԹԶr die Historiker sein, die endlich in Frieden werden arbeiten kթԹԳnnen. Es sei denn, ja, es sei denn, die Gegner dieses Gesetzes hթԹ)tten nicht noch einen anderen, viel trթԹԶberen Hintergedanken: dass man zu rasch vorgegangen sei, indem man թ§Չ-Չ zu Recht und nach fast einem Jahrhundert թ§Չ-Չ einen թ§Չ-ժԷGenozidթ§Չ-ժ anerkannte…
Manche fragen nun, ob die Wahrheit nicht als solche, in ihrer Nacktheit und Strenge, genթԹԶgend Mittel habe, um թԹԶber jene zu obsiegen, welche sie leugnen? Das ist ein weites Feld. թժber das man im թժbrigen in der Philosophie schon seit ihren UrsprթԹԶngen diskutiert. Im vorliegenden Fall kommt ein besonderes Moment hinzu, das dafթԹԶr sorgt, dass es im Zweifelsfall ratsam ist, sich der UnterstթԹԶtzung durch das Gesetz zu versichern.
Dieses Moment ist die anhaltende Verweigerung des tթԹԶrkischen Staates, den systematischen Mord an den Armeniern als VթԹԳlkermord zu benennen. Das sind nicht irgendwelche delirierenden Spinner, sondern Personen, die sich auf die Ressourcen, die Diplomatie sowie die Erpressungs- und VergeltungsmթԹԳglichkeiten eines mթԹ)chtigen Staates stթԹԶtzen kթԹԳnnen.
Stellen Sie sich einmal vor, wie die Situation der թժberlebenden der Schoah gewesen wթԹ)re, wenn der deutsche Staat nach dem Krieg ein solch leugnender und verneinender Staat gewesen wթԹ)re. Stellen Sie sich das AusmaթժԴ an Hilflosigkeit und Wut vor, wenn die թժberlebenden es nicht etwa mit einer kleinen Sekte von Trotteln zu tun gehabt hթԹ)tten, sondern mit einem reuelosen Deutschland, das seinen Partnern gedroht hթԹ)tte, wenn diese die Vernichtung der Juden in Auschwitz als Genozid bezeichnet hթԹ)tten. Dies ist, mutatis mutandis, die Situation der Armenier. Und deshalb haben sie auch das Recht auf ein Gesetz.
Das gesetzliche Verbot, zu leugnen
Man sollte im թժbrigen endlich aufhթԹԳren, alles miteinander zu vermischen und das armenische UnglթԹԶck in einem rituellen Blabla zu ertrթԹ)nken, das allgemein թ§Չ-ժԷerinnerungspolitische Gesetzeթ§Չ-ժ kritisiert. Denn das Gesetz, das die franzթԹԳsische Nationalversammlung beschlossen hat, ist kein erinnerungspolitisches Gesetz.
Es ist nicht eine jener gefթԹ)hrlichen BrachialmaթժԴnahmen, die im Verdacht stehen, Dutzenden oder gar Hunderten von weiteren absurden oder ruchlosen Regelungen den Weg zu bereiten, mit denen festgelegt wird, was man թԹԶber die BartholomթԹ)usnacht, den Sinn der Kolonialisierung, die Sklaverei, GotteslթԹ)sterung oder Sonstiges noch sagen darf. Dies ist ein Gesetz թԹԶber einen Genozid, und das ist nicht dasselbe. Dies ist ein Gesetz, das jene bestraft, welche die vթԹԳlkermթԹԳrderische Geste wiederholen und verdoppeln, indem sie den Genozid leugnen.
Genozide gibt es nicht hundertfach, Gott sei Dank, nicht einmal dutzendfach. Es gibt drei, vielleicht vier, wenn man zu den Armeniern, den Juden und den Ruandern noch die Kambodschaner hinzufթԹԶgt. Und diese drei oder vier VթԹԳlkermorde mit allem anderen auf eine Stufe zu stellen, das gesetzliche Verbot, sie zu leugnen, als Vorzeichen einer politischen Korrektheit zu deuten, die alsbald eine ganze Reihe von nutzlosen oder perversen Gesetzen թԹԶber umstrittene Aspekte unseres kollektiven GedթԹ)chtnisses erlթԹ)sst; zu rufen: թ§Չ-ժԷAchtung, Sie թԹԳffnen eine BթԹԶchse der Pandora, aus der alles MթԹԳgliche entspringen kannթ§Չ-ժ թ§Չ-Չ das ist ein ziemlicher Schwachsinn, voller Niedertracht und einer geradezu grotesken Unaufrichtigkeit.
Diesen Scheinargumenten sollten wir die Weisheit des franzթԹԳsischen Parlaments entgegenhalten. Und die Senatoren drթԹ)ngen, das Gesetz zu bestթԹ)tigen und sich nicht von ein paar Viertelhistorikern einschթԹԶchtern zu lassen.
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